Ausgabe Februar 2001

Kostunica und Djindjic

Drei Monate nach Vojislav Kostunicas Amtsantritt als Präsident Jugoslawiens treten die Konturen seines Weltbilds und seine Vision der serbischen Geopolitik in Wort und Tat klar hervor. Sie stellen nahezu eine Umkehrung derjenigen seines Vorgängers Slobodan Milosevic dar, dessen Aufmerksamkeit fast ausschließlich und in geradezu abartiger Weise den Vereinigten Staaten galt. Kostunica dagegen konzentriert sich auf Europa, mit Blitzvisiten in Österreich, Frankreich (schon dreimal), Griechenland und Italien (sowie beim Vatikan) wie auch in den Nachbarländern Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Montenegro. All diese Reisen unternahm der neue Präsident noch im Vorfeld der wichtigen Parlamentswahlen vom 23. Dezember in Serbien, während er den Wahlkampf seinen Stellvertretern überließ. Auch eine Einladung nach Israel nahm Kostunica bereits an. Und die USA? Die stehen noch nicht auf seinem Reiseplan, obwohl er im Januar seinen Außenminister Goran Svilanovic nach Washington schickte.

Von Beruf Staatsrechtler, kennt Kostunica die amerikanische Verfassungsgeschichte in- und auswendig. Er übersetzte die Federalist Papers von Alexander Hamilton, James Madison und John Jay ins Serbische. Aus diesen zog er auch seine Inspiration, in Jugoslawien "die Stärke des Rechtsstaats" zu demonstrieren, was wohl auf eine Balkan-Premiere hinausliefe.

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