Einsichten und Absichten deutscher Einwanderungspolitik
Am Anfang stand die Green Card. Als Bundeskanzler Gerhard Schröder im Februar 2000 vorgeschlagen hatte, den seit 1973 bestehenden Anwerbestopp für Arbeitskräfte zu lockern und im Ausland ein paar Tausend Computer-Experten anzuwerben, konnte man nicht unbedingt ahnen, dass er damit einen Paradigmenwechsel in der Einwanderungspolitik einleiten würde. Zu schlecht vorbereitet und zu halbherzig war die Initiative. Mit der vorgesehenen zeitlichen Befristung der Anwerbung und der begrenzten Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis orientierte sich Schröder an Konzepten der 50er und 60er Jahre, als die Verantwortlichen der Bevölkerung wider besseren Wissens vorgaukelten, die sogenannten Gastarbeiter blieben auf Zeit.
Mit dieser Lüge erkauften sich die Politiker die Zustimmung der Gewerkschaften und der Arbeiterschaft, die die Konkurrenz aus den Mittelmeerländern fürchteten. Gleichzeitig entledigten sie sich der Aufgabe, die Einwanderung für alle Beteiligten sozial verträglich und verantwortungsvoll zu gestalten. Aber der weitere Verlauf der Green Card-Initiative löste Lernprozesse aus - in der Bevölkerung und in den Parteien. Der Grund: Gerhard Schröder rief, aber die gewünschten Computerexperten meldeten sich nur recht zögerlich. Für viele Deutsche war das eine neue Erfahrung.