Im 21. Jahrhundert hat das organisierte Verbrechen auf dem Balkan etwas erreicht, was in früheren Jahrhunderten große Reiche vollbrachten – die Römer, Byzantiner, Osmanen, Habsburger und für kurze Zeit Hitlers Drittes Reich: die unzähligen rivalisierenden ethnischen Gruppen der Region zu zwingen, für ein gemeinschaftliches Ziel zusammenzuarbeiten. Der Unterschied liegt natürlich im Zwang und in den Anreizen. Frühere Reiche kombinierten dosierte Begünstigungen für Kooperationswillige mit roher Gewalt gegen jene, die Widerstand leisteten. Das Reich der organisierten Kriminellen setzt für seine Unternehmungen wie Drogenschmuggel und -verkauf, Frauenhandel und die grenzüberschreitende Schieberei von Schmuggelware auf einen zeitgemäßeren Anreiz – das Motiv Profit. Selbstverständlich wird auch Druck ausgeübt, sei es Erpressung unterschiedlichen Ausmaßes oder auch Mord. Das soll allerdings nicht heißen, das organisierte Verbrechen wäre wie Schopska-Salat ausschließlich eine Spezialität des Balkans. Vielmehr ist in diesen Zeiten der allgegenwärtigen Armut, der durch eine Serie von Bürgerkriegen hervorgerufenen physischen und sozialen Ruinen sowie der schwachen Zentralregierungen die organisierte Kriminalität zum größten Industriezweig der Region aufgestiegen.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.