Mit dem Amtsantritt der Großen Koalition haben sich im deutschen Parteiensystem neue Kräfteverhältnisse und Rollenzuweisungen jenseits der alten Lagergrenzen herausgebildet. In dieser neuen Konstellation haben alle Parteien guten Grund zu fragen, wie sie in die derzeitige Lage geraten sind und welche Folgen sich für die kommenden Jahre abzeichnen.
Besonders dringlich erscheint eine solche Standortbestimmung für die SPD. Es waren schließlich die Sozialdemokraten, die nach ihrem Wahldesaster in Nordrhein-Westfalen ihr Heil in einer vorgezogenen Bundestagswahl gesucht und damit den jetzt erkennbaren Umbruch eingeleitet hatten. Es war wiederum die SPD, die zwar erwartungsgemäß die Mehrheit für Rot-Grün verlor, jedoch zugleich im Wahlkampf mit ihrer Polemik gegen das „Kirchhof- Modell“ die Unionsparteien so weit schwächen konnte, dass ein schon sicher erwartetes schwarz-gelbes Regierungsbündnis ebenfalls nicht möglich wurde. Und es waren eben auch die Sozialdemokraten, die im Verlauf der Koalitionsgespräche ihre Führungsriege auswechselten und auf ihrem Karlsruher Parteitag einer systematischen Standortbestimmung hartnäckig ausgewichen sind.
Jede Standortbeschreibung der SPD sollte sinnvollerweise mit der Wähleranalyse beginnen. Diese Bilanz der Ära Schröder/Müntefering ist verheerend. Die Sozialdemokratie hat seit 1999 auf allen politischen Ebenen eine beispiellose Serie von Niederlagen erlitten. Auch die Bundestagswahl vom 18.