Ausgabe Oktober 1997

Jack Lang der unproduktive Zerstörer

Supergeld - Superstaat?

Mit den Träumen, Visionen, Zielen und vielen Kritikpunkten Jack Langs stimme ich überein - dennoch ist seine Schlußfolgerung, den Vertrag von Amsterdam nicht zu ratifizieren, falsch. "Politik als Kunst des Möglichen" hat sicherlich einen geringeren intellektuellen Reiz als der Aufruf zum großen Befreiungsschlag, als die Zerstörung des Erreichten durch das Traumbild des Vollkommenen. Jack Lang hat die Methode Monnet, die - gemessen am Ausgangspunkt - außerordentlich erfolgreich war und ist - nicht verstanden. Beginnend mit der Montanunion sind in allen Stufen bis hin zum Vertrag von Amsterdam immer die Integrationsfortschritte festgeschrieben worden, die im jeweiligen historischen Augenblick möglich waren. Dies hatte immer Mängel, war niemals ideal, aber es war ein zumeist sogar sehr weitgehender Fortschritt im Vergleich zum Vorherigen.

Die Römischen Verträge, die Einheitliche Akte, die den Binnenmarkt möglich machte; Maastricht, das insbesondere den Weg zur Wirtschafts- und Währungsunion eröffnete stellten jeweils neue Integrationsstufen dar. Die Fundamentalkritik, zu kurz gesprungen zu sein, gab es gegen jede dieser Stufen. Diese Kritiker haben nicht verstanden, daß das Erreichte niemals die Endstufe ist, sondern immer nur ein jeweils höher am Berg liegendes Basislager, in dem man sich sammelt und zur nächsten Etappe aufbricht.

Oktober 1997

Sie haben etwa 24% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 76% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Vom Proletariat zum Pöbel: Das neue reaktionäre Subjekt

von Micha Brumlik

Gewiss, es waren keineswegs nur Mitglieder der US-amerikanischen weißen Arbeiterklasse, die Donald Trump an die Macht gebracht haben. Und doch waren es auch und nicht zuletzt eben jene Arbeiter und Arbeitslosen – und genau hier liegt das eigentliche Erschrecken für die Linke.