Ausgabe Juni 1999

Eisernes Kreuz, Ausgabe 1999

General Naumann, der jüngst verabschiedete Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, hatte schon immer die Nase vom. Ende 1991, damals als Generalinspekteur der Bundeswehr, zeichnete er in seinem Strategie-Papier den künftigen Weg der Bundeswehr zu Out-of-Area-Einsätzen und Krisenreaktionskräften vor. Die Verbundenheit mit der Truppe hat ihn auch im NATO-Amt nicht verlassen. Anfang Mai überraschte der scheidende NATO-General die Öffentlichkeit mit einer Botschaft, die gleichsam in der Luft (über Jugoslawien) lag. Es sei an der Zeit, gab er der nachfragenden "Bild am Sonntag" (2.5.1999) zu verstehen, über die "Schaffung einer deutschen Tapferkeitsauszeichnung" nachzudenken. Und: "Das Eiserne Kreuz als Tapferkeitsauszeichnung hat eine gute Tradition in Deutschland seit den Befreiungskriegen." Nun kann man dem Vorschlag eine makabre Plausibilität nicht absprechen. Wenn schon unter dem Hoheitszeichen der Luftwaffe, dem Eisernen Kreuz, in Jugoslawien Einsätze geflogen werden, dann kann diesem Emblem auch für Ordenszwecke eigentlich nichts im Wege stehen. Gleichwohl rührt die Frage an das prekäre Traditionsverständnis der Bundeswehr und fordert eine vielschichtige - Debatte heraus, die längst nicht ausgestanden ist.

Juni 1999

Sie haben etwa 11% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 89% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Micha Brumlik: Ein furchtloser Streiter für die Aufklärung

von Meron Mendel

Als die Hamas am 7. Oktober 2023 Israel überfiel und anschließend der Krieg der Netanjahu-Regierung in Gaza begann, fragten mich viele nach der Position eines Mannes – nach der Micha Brumliks. Doch zu diesem Zeitpunkt war Micha bereits schwer krank. Am 10. November ist er in Berlin gestorben.

Warnungen aus Weimar

von Daniel Ziblatt

Autokraten sind vielerorts auf dem Vormarsch. Ihre Machtübernahme ist aber keineswegs zwangsläufig. Gerade der Blick auf die Weimarer Republik zeigt: Oft ist es das taktische Kalkül der alten Eliten, das die Antidemokraten an die Macht bringt.