Ausgabe Mai 2002

Identität und Integration

Islamische Staatsbürger in Frankreich

Die Schätzungen, wie viele Muslime in Frankreich leben, schwanken zwischen dreieinhalb und fünf Millionen. Damit ist der Islam vor dem Protestantismus und dem Judentum die zweitgrößte Religion Frankreichs. Zugleich zeigt diese vage Zahl die ganze Komplexität der statistischen Erfassung der "aus der Immigration hervorgegangenen" Bevölkerungsteile Frankreichs (wo eben nicht von "Ausländern" die Rede ist) vor dem Hintergrund des säkularen französischen Staatsverständnisses und seines bis vor kurzem ausschließlich auf dem ius soli basierenden Staatsangehörigkeitsrechts: Auf Grund der radikalen Trennung zwischen Staat und Kirche gibt es keine offiziellen Statistiken der Religionszugehörigkeit, geschweige denn eine Kirchensteuer, die es ermöglichen würde, die Zahl der Gläubigen festzustellen. So muss sich die Schätzung dieser "soziologischen Muslime" auf so ungenaue Kriterien stützen wie Herkunft oder Abstammung. Über die religiöse Praxis der Menschen oder ihre Identifikation mit einer Religion, einer Kultur, einer Nation sagt eine solche Kategorisierung nichts aus.

Die angenommene Zahl der in Frankreich lebenden Muslime wird ohnehin zu einer sehr relativen Größe, wenn man sich die Gemengelage der ethno-religiösen Unübersichtlichkeit verdeutlicht.

Sie haben etwa 5% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 95% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Verbrecherische Komplizen: Libyen und die EU

von Sigrun Matthiesen, Allison West

Es war ein Tiefpunkt in der Geschichte der Seenotrettung: 20 Minuten lang beschoss am 24. August ein Patrouillenboot der libyschen Küstenwache die Ocean Viking, ein Rettungsschiff der Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée.

Von Milošević zu Trump: Die bosnische Tragödie und der Verrat an den Bürgerrechten

von Sead Husic

Es herrschte keine Freude bei der bosnisch-herzegowinischen Regierungsdelegation am 22. November 1995 auf dem Wright-Patterson-Luftwaffenstützpunkt in Dayton. Eben hatte sie dem Friedensabkommen mit der Bundesrepublik Jugoslawien, die noch aus Serbien und Montenegro bestand, und Kroatien zugestimmt, doch sie fühlte sich betrogen.