Ausgabe August 2004

Geopolitik und Terrorbekämpfung

Russlands Krieg in Tschetschenien

Das von den russischen Massenmedien suggerierte Bild und die Wirklichkeit des Kriegsgeschehens in Tschetschenien klaffen weit auseinander. Zwei Ereignisse stehen in Widerspruch zur jüngst ausgerufenen "Normalisierung" der Situation in dieser Republik: der Anschlag auf die Spitze der prorussischen Verwaltung in Tschetschenien am 9. Mai 2004, bei dem der Präsident der Kaukasus-Republik, Achmed Kadyrow, und der Vorsitzende des Staatsrates Tschetscheniens, Chusen Isajew, getötet wurden, sowie der erstaunlich gut koordinierte Angriff der Rebellen auf gleichzeitig rund 20 Einrichtungen der Sicherheitskräfte und Justizorgane in Inguschetien am 22. Juni 2004. Unter den Todesopfern befinden sich der amtierende Innenminister der Teilrepublik, Abukar Kostojew, sowie weitere hohe Regierungsbeamte.

Ende 2004 jährt sich der Beginn des Tschetschenien-Konflikts zum zehnten Mal. Am 8. November 1991 erklärte der erste tschetschenische Präsident, Dschochar Dudajew, Tschetschenien für souverän und von Russland unabhängig. Vorerst tolerierte die russische Regierung zwar stillschweigend die einseitige Unabhängigkeitserklärung, verhängte jedoch Ende Mai 1992 eine Wirtschaftsblockade über Tschetschenien und unterstützte zunehmend die Opposition gegen Dudajew. Die Auseinandersetzungen eskalierten; am 7. Dezember 1994 fällte der russische Sicherheitsrat die Entscheidung zum direkten militärischen Eingreifen.

Sie haben etwa 5% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 95% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema