Die Geburt der 68er-Generation aus der Gewalt-Debatte
Offensichtlich wird die Republik in diesem Jahr von ihren Untoten heimgesucht. Das belegt nicht nur der Fall Filbinger/Oettinger. Nein, auch die RAF schien eigentlich schon lange mausetot. Bald zehn Jahre nach der schriftlichen Verkündung ihrer Selbstauflösung am 20. April 1998 hatte sich die einstige Terrororganisation längst zum Pop verpuppt: Aus Baader-Meinhof war das Modelabel Prada Meinhof geworden. Andreas Baader geisterte als Edel- Lude und Dandy durch das neue deutsche Kino. Und aus der leibhaftigen RAF schien mehr und mehr der „Mythos RAF“ zu werden, so der Titel einer heftig umstrittenen Ausstellung.
Doch in diesem Frühjahr wurde die verblichene RAF zu neuem Leben erweckt. Ausgelöst durch die anstehende und am 25. März, nach Verbüßung ihrer Mindesthaftzeit, tatsächlich erfolgte Freilassung Brigitte Mohnhaupts sowie die mögliche Begnadigung Christian Klars durch den Bundespräsidenten, schien die Terrorgruppe plötzlich medial omnipräsent. Zur Freude des rechten Lagers, fand es doch auf diesem Wege zu alter, längst verloren geglaubter bürgerlich-konservativer Eintracht zurück. Während Guido Westerwelle endgültig seine Spaßrolle abzulegen trachtete und kurzerhand den Hardliner („Keine Gnade ohne Reue“) markierte, gab ansonsten die CSU die harte Linie vor: „Mörder bleiben Mörder“.