Europas Politik mit Schuld und Schulden

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Alles basierte offenbar nur auf Rechenfehlern: Im Oktober 2012 veröffentlichte der Chefökonom des IWF, Olivier Blanchard, eine überraschende und spektakuläre Position und stellte die bisherige europäische Krisenstrategie in Frage.[1] Bis dahin war sich die Troika – bestehend aus Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und EU-Kommission – mehr oder weniger einig darüber, wie die südeuropäischen Staaten mit ihren Staatsverschuldungen umzugehen haben, in welchem Umfang sie Sozialausgaben kürzen, Arbeitsrechte abbauen und Steuern erhöhen müssen, um weiteres Geld zum Schuldenabbau zu erhalten. Nun aber brach der IWF-Ökonom den Konsens auf. Die Ökonomen hätten die negativen Wirkungen der Sparpolitik auf die Konjunktur unterschätzt, das erwartete Wirtschaftswachstum bliebe aus. Der Grund: ein schlichter Rechenfehler. Der makroökonomischen Formel, mit der berechnet wird, wie die Staatsausgaben theoretisch die Wirtschaft stimulieren, sei ein zu geringer „Multiplikator“ zugrunde gelegt worden. Die empfohlene Linie nach erneutem Rechnen: ein weniger harter Sparkurs.
Den zweiten Rechenfehler gestanden im April dieses Jahres Kenneth Rogoff und Claire Reinhart ein, jene Harvard-Ökonomen, mit denen auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble seinen harten Kurs verteidigt.