Ausgabe Juli 2017

Die Speer-Legende und ihre Konstrukteure

»Die Speer-Erinnerungen waren ein großes Welt-Recht,
schon als Speer noch in Spandau saß.«
Joachim Fest, 2002[1]

Leben und Karriere Albert Speers, Architekt des Rassenstaates und ab 1942 NS-Reichsminister für Bewaffnung und Munition, bieten das wohl prominenteste Beispiel eines prägenden Teils der deutschen Gesellschaft im 20. Jahrhundert. Speers Werdegang – hinein in die nationalsozialistische Bewegung bis 1933, als engagierter Nationalsozialist bis 1945, schließlich als Distanzierungs-Erzähler nach der Niederlage – steht exemplarisch für die deutschen Funktionseliten, aber auch für die vielen anderen, die den Nationalsozialismus vorantrieben und mitprägten, nach dessen Scheitern mit ihm jedoch „eigentlich“ nichts zu tun gehabt haben wollten.

Auf die Frage „Was ist ein Nationalsozialist?“ gilt es zu antworten: Ein Nazi ist der, der nationalsozialistisch handelt. Das tat Speer, seit er 1930 erstmals für die NSDAP wirkte. Die Mehrheit der Funktionseliten handelte wie er, sie engagierten sich, mal still, mal jubelnd. Sie waren, ob in Uniform oder nicht, die tragenden Kräfte des Regimes: Sie bewegten die Massen, schufen Bauten und Waffen, drillten die Schüler und die Soldaten, managten die Rüstung, organisierten die Eroberungsfeldzüge und den Massenmord.

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