
Bild: Propyläen Verlag
Die Gleichzeitigkeit der Ereignisse entbehrt nicht der Ironie. Nach jahrelangen Untersuchungen haben die australischen Streitkräfte soeben einen Bericht vorgelegt, der die massiven Gesetzesverstöße und Gewaltaktionen einer brutalen „warrior culture“ anklagt. Im Afghanistankrieg hatten sich die eingesetzten Special Forces zu Herren über Leben und Tod aufgeschwungen, indem sie gefangene Talibankämpfer und Zivilisten erschossen. Das dominante „NCO-Milieu“ (der Unterführer) veranstaltete Mordrituale zur Aufnahme in die eigenen Reihen. Jahrelang war davon nichts an die Öffentlichkeit gedrungen. Diese toxische „Schweigekultur“ erinnert an die Barrieren, denen sich die Aufklärung von „Vorkommnissen“ bis hin zu rechtsextremen Netzwerkbildungen im deutschen Kommando Spezialkräfte (KSK) gegenübersah. Auch hier waren Tendenzen der Verselbstständigung einer problematischen Kriegerkultur zu konstatieren.[1]
Dem Unbehagen an diesen Entwicklungen gibt der Potsdamer Militärhistoriker Sönke Neitzel nun neue Nahrung, wenn er in seinem neuen Buch erstmals öffentlich darauf hinweist, wie deutsche Soldaten in den Einsatzgebieten Afghanistans das Wirken der amerikanischen Spezialkräfte beobachten konnten, die gefangene Taliban liquidierten oder den Tod hunderter Zivilisten in Kauf nahmen. „Man nahm das hin. Keiner wollte sich mit den Amerikanern anlegen.