
Bild: Agnes Abuom, Vorsitzende des ÖRK-Zentralausschusses bei der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Karlsruhe, 31.8.2022 (IMAGO/epd)
Internationale Treffen auf deutschem Boden haben ihre Tücken, wenn es darum geht, sich mit anderen Weltsichten zu konfrontieren. Das war in diesem Sommer bei der documenta zu sehen und es konnte auch bei der jüngsten Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) beobachtet werden. Dieser internationale Kirchenbund hat 352 Mitgliedskirchen aus allen Kontinenten und von den großen Konfessionsfamilien der Protestanten, Anglikaner und der Orthodoxie. Rund 4000 Vertreterinnen von ihnen kamen Anfang September nach Karlsruhe, um über die Herausforderungen der Kirchen in der gegenwärtigen Welt zu reden – und zu erleben, wie weit dies im Rahmen der deutschen Öffentlichkeit überhaupt möglich ist.
Diesen Rahmen markierte gleich zu Beginn der Versammlung der Bundespräsident mit seinem Grußwort: Er erinnerte an den „unter Christen und durch Christen über Jahrhunderte angestifteten mörderischen Judenhass, in Deutschland, aber nicht nur hier“, und bezeichnete es als aktuelle Aufgabe aller Kirchen, dem Antisemitismus zu wehren.[1] Blieb Steinmeier damit noch in der Rolle dessen, der große Linien und Grundsätzliches beschreibt, so wurde er beim anderen Reizthema, dem Umgang des ÖRK mit der russisch-orthodoxen Kirche konkreter, man könnte sogar sagen: übergriffig.