
Bild: Mette Frederiksen mit zwei Jugendlichen vor einem Wahlbüro während der Parlamentswahl in Dänemark, 1.11.2022 (IMAGO / TT / Johan Nilsson)
In Europa wird die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen oft als rechte Sozialdemokratin bezeichnet. Statt den Rechtspopulismus zu bekämpfen, übernehme sie dessen fremdenfeindliche Prämissen und verrate damit das sozialdemokratische Erbe. Dabei wagt sie derzeit ein bemerkenswertes Experiment: die Wiederentdeckung der breiten Mitte in der dänischen Politik. Die Parlamentswahlen vom 1. November 2022 endeten für Frederiksen mit einem Triumph. Dank der 27,5 Prozent für ihre Sozialdemokraten kann sie es sich aussuchen, ob sie künftig mit rechten oder linken Parteien kooperieren will. Angetreten mit dem Wahlkampfslogan „Sicher durch unsichere Zeiten“ wurde die amtierende Ministerpräsidentin gleich in zweifacher Hinsicht belohnt, nämlich sowohl für ihren Umgang mit der Coronakrise als auch für ihre Rolle bei der Sicherung des Sozialstaats in einer von globalen Krisen geprägten Realität.
Schon vor der Wahl hatte Frederiksen angekündigt, dass sie eine Regierung der Mitte anstrebt. Ende November brach sie dann die Verhandlungen mit der Klimapartei Alternativet und der linken Enhedslisten ab. Stattdessen wandte sie sich an die geschwächte Mitte-rechts-Partei Venstre und verhandelt nun mit ihr über eine Minderheitsregierung, die sich auf die Mandate der pragmatischen Parteien der Mitte stützen muss. Sollte Mette Frederiksen am Ende tatsächlich eine gemeinsame Regierung mit Mitte-rechts-Kräften bilden, wäre dies eine historische Zäsur.