
Bild: Christoph Hein, Das Narrenschiff, Cover: Suhrkamp Verlag
Einen starken Titel hat Christoph Hein für seinen neuen Roman gewählt: „Das Narrenschiff“. Auf diesem Gefährt fällt das Abendlicht vieler Passagiere zusammen mit dem Untergang eines Staats, den sie nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut hatten. Die Alten verklären die Anfänge, die Jungen erwidern: Nein, es ist nicht besser gewesen. Und dann folgt lächelnd ein Satz, in dem das Dilemma einer Diktatur aufscheint, die sich Deutsche Demokratische Republik nannte: „Und das Beste war das, was es überhaupt nie gegeben hat.“
Die utopische Kraft unterschied das östliche vom westlichen Deutschland. Je stärker diese erlahmte, desto mehr näherte sich der Staat seinem Ende. Söhne der Gründungsväter wie der mit Hein befreundete Thomas Brasch rebellierten, kamen zuweilen ins Gefängnis oder – merkwürdige Bestrafung im vermeintlichen Arbeiterstaat – in die Produktion. Die Enkel wollten Freiheit, und die von ihnen begonnene Meuterei angesichts des Anfangs vom Ende der Sowjetunion mutierte zur Vorgeschichte der deutschen Neuvereinigung.
Dies ist der Stoff des alle Gattungen umfassenden Werks von Christoph Hein. Nach Stücken, Erzählungen und seinem Durchbruch mit der Novelle „Der fremde Freund – Drachenblut“ erschien 1985 mit „Horns Ende“ sein erster Roman, der zum einzigen in der DDR ohne Druckgenehmigung erschienenen Werk avancierte.