Notizen zur politischen und ökonomischen Entwicklung in der Sowjetunion
Die Innen- und Außenpolitik der Sowjetunion in den letzten Monaten, die personellen Veränderungen in der sowjetischen Führung haben in der Welt vielfache Fragen und widersprüchliche Kommentare bewirkt. Von "Machtkampf" bis zu "Konzeptionslosigkeit", von "Unentschlossenheit" bis zu "Diktatur" reichen die Kommentare je nach politischer Couleur und Sachkunde des Kommentators. Das dynamische und manchmal verwirrende Bild der sowjetischen Realität verdeckt aber oft die tiefergehenden wirtschaftlichen und politischen Prozesse, die in der Sowjetunion vor sich gehen.
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Auf ö k o n o m i s c h e m G e b i e t ist ein weiterer Rückgang der Produktion gegenüber dem Vorjahr festzustellen. In der RSFSR z.B. ist das Nationaleinkommen um 5,5% gesunken, die Arbeitsproduktivität um 5%. Die Inflationsrate betrug 1990 18,9%. Im Nationaleinkommen steigt der Anteil des Arbeitseinkommens gegenüber dem Gewinn (sinkende Gewinnrate). Die Produktion von Kohle, Erdöl und von Erzeugnissen der Metallurgie ist auf das Niveau von Anfang der 80er Jahre zurückgegangen. Die hergebrachten Lieferbeziehungen im Inland zerfallen zusehends. Sowohl zwischen den Betrieben als auch zwischen den Territorien verstärken sich Beziehungen quasi-naturalwirtschaftlicher Art (Ware gegen Ware, Vereinbarung von Warenlisten zwischen den Unionsrepubliken usw.).