Juden im Widerspruch
Der Krieg ist vorbei, vorbei sind die bangen Sekunden am frühen Morgen um die erste Nachricht des Tages. Nein, jetzt geht es nicht mehr um Raketen auf Israel. Der Alltag ist zurückgekehrt, die Flugzeuge fliegen wieder nach Tel Aviv, und der für gewöhnlich rauhe Umgangston regelt erneut die Beziehungen. Zu Purim wurden die Gasmasken abgelegt, die verklebten Fenster geöffnet: Haman ist es nicht gelungen, die Juden zu töten, erzählt uns die Überlieferung, denn die schöne Esther hat mit Hilfe ihres Onkels Mordachai dem König Ahasver die Intrige gesteckt. Am Ende wird Haman das Opfer seines eigenen Plans gegen die Juden und stirbt.
Purim ist ein Freudenfest, und in jedem Jahr wird der Verfolgung und Rettung jener persischen Juden gedacht werden. Im Fernsehen sagte der deutsche Berichterstatter, in Israel fiele das Kriegsende mit dem israelischen Karneval zusammen. Er hatte übersehen, daß das Judentum in seiner Geschichte lebt, die immer die gleichen uralten Geschichten von der Bedrohung und den listigen Rettungsmanövern bereithält. Nur die Juden haben einen Gedenktag an die Shoa, an die Ermordung der sechs Millionen Juden im Namen des deutschen Volkes. Dieser Tag liegt zwischen dem Tag des heroischen Aufstands im Warschauer Ghetto und dem Tag der Gründung des Staates Israel. In aller Welt erinnern sich Juden alljährlich an das, was in diesem Jahrhundert von Deutschland ausgegangen ist.