Mit der ihr eigenen Vulgarität "kommentierte" die "Bild-Zeitung" die Entscheidung der griechischen Wähler vom 10. Oktober für die Panhellenische Sozialistische Bewegung (PASOK): Sie veröffentlichte ein Nacktfoto der von der Natur oberweitig gut ausgestatteten, noch ziemlich jungen Frau des 74jährigen griechischen Ministerpräsidenten Andreas Papandreou, als wollte sie sagen: So einen alten Lüstling wählt man nicht. Nicht ganz so ordinär, aber mit gleicher Eindeutigkeit brachte auch die Mehrzahl der seriöseren deutschen Medien ihr Mißfallen über die Wahlentscheidung zum Ausdruck. "Der Demagoge kehrt zurück an die Macht" - so und ähnlich wurde der Wahlsieg der PASOK qualifiziert. Griechenland werde sich unter Führung Papandreous noch weiter von Europa entfernen, fügte, z.B. der Athener ARD-Korrespondent besorgt hinzu will sagen: in Richtung "Dritte Welt". Die für die gebildeten Stände zuständige "Süddeutsche Zeitung" machte ihrerseits, dem klassischen Ort angemessen, eine "griechische Tragödie ohne Ende" aus. Antikisierende Klischees mischen sich da mit Vorurteilen von "balkanesischen" Zuständen beim ungeliebten EG-Partner Griechenland.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.