Nicht ohne Stolz präsentierte Klaus Kinkel bei der Paraphierung in Prag die deutsch-tschechische Erklärung der Öffentlichkeit als Ergebnis zäher, achtzehn Monate dauernder Verhandlungen (Wortlaut siehe Dokumententeil im vorliegenden Heft). Er vergaß allerdings anzumerken, daß es nicht so sehr die Belastungen der deutschtschechischen Vergangenheit als innenpolitische Probleme waren, vor allem die unklare Haltung der Bundesregierung gegenüber der Sudetendeutschen Landsmannschaft mit ihren CSU-Wählerpotentialen, die diese Verhandlungen so schwierig und kompliziert machten. Tatsächlich konnte man mitunter den Eindruck gewinnen, daß die Bundesregierung sich die Positionen der Landsmannschaft, die in ihrem Kern auf eine Relativierung, wenn nicht eine Revision der europäischen Nachkriegsordnung hinauslaufen und den Rahmen der "normalen" Bonner Politik weit sprengen, zu eigen machte, bis hin zu dem durch Außenminister Klaus Kinkel geäußerten Zweifel an der Verbindlichkeit des Potsdamer Abkommens für die Bundesrepublik.
Man muß sich schon, wenn man den Verhandlungsverlauf zurückverfolgt, die Frage stellen, was für eine Erklärung wohl zustande gekommen wäre, wenn die tschechische Seite dem zeitweise massiven deutschen Druck nachgegeben und nicht so viel Stehvermögen, Zähigkeit und Verhandlungsgeschick an den Tag gelegt hätte.