Was vierzig europäische Regierungen für notwendig halten, um "Würde und Integrität" der Regierten bei medizinischen Eingriffen und Forschungsprojekten rechtlich zu schützen, steht seit dem 19. November 1996 auf einem Kompromiß-Papier: An jenem Dienstag billigte das Ministerkomitee des Europarates den endgültigen Text eines "Menschenrechtsübereinkommens zur Biomedizin", das fünf Jahre lang unter dem Arbeitstitel "Bioethik-Konvention" hin- und herformuliert worden war. Beim Straßburger Redaktionsschluß gab es keine Gegenstimmen, wohl aber drei Enthaltungen aus Belgien, Polen und Deutschland.
Damit ist der völkerrechtliche Vertrag aber noch nicht in Kraft; er gilt erst, wenn mindestens fünf Staaten ihn ratifiziert haben, und nur diese werden an die Inhalte gebunden sein. Fristen existieren nicht, der Beitritt ist nach Jahren noch möglich.
Ob, wann und wie die scheinbar unentschlossene Bundesrepublik mitmachen wird, ist derzeit unklar. Justizminister Edzard Schmidt-Jortzig spricht mit zwei Zungen: Einerseits empfiehlt er, die Konvention zu unterzeichen und zu ratifizieren, weil sie zum ersten Mal europaweite "Mindeststandards" festschreibe - Standards allerdings, die kein Bürger beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wird einklagen können.