Konflikte und Chancen im deutsch-französischen Verhältnis
Das vielbeschworene "deutsch-französische Tandem" ist in den letzten Jahren immer wieder "auf Schlingerkurs" geraten. 1) Dies wurde nicht nur zu Beginn der Jugoslawienkrise deutlich. Auch innerhalb der Europäischen Union gelang es beiden Staaten nach Maastricht immer weniger, ihre angestammte Rolle als "Motor Europas" auszufüllen. Die bescheidenen Ergebnisse der Amsterdamer Vertragsverhandlungen legen davon Zeugnis ab. Selbst die Vorbereitung der Europäischen Währungsunion, des zentralen Integrationsprojekts der 90er Jahre, bot Anlaß zu zahlreichen deutschfranzösischen Meinungsverschiedenheiten. 2) Und im Zusammenhang des Beitritts von EFTA-Staaten zur EU führten deutsch-französische Differenzen 3) und kritische Äußerungen des französischen Botschafters in Bonn gar zu dessen Einbestellung ins Auswärtige Amt - fürwahr ein ungewöhnlicher Vorgang zwischen eng befreundeten Staaten. Der wohl w i c h t i g s t e G r u n d für die gewachsenen Schwierigkeiten in der Gestaltung der deutsch-französischen Sonderbeziehung ist in der Verschiebung der Machtbalance zwischen beiden Staaten als Ergebnis der deutschen Wiedervereinigung zu sehen.
Das Ende der deutschen Teilung hat die Geschäftsgrundlage verändert, auf der sich die Beziehungen zwischen Frankreich und Westdeutschland nach 1949 entwickelt haben.