Ausgabe Juli 2001

Bittere Wahrheiten in Nahost

Der historische Kompromiß von Oslo 1993 war ein mutiger Schritt, auch wenn ausgeklammert blieb, wie denn eine endgültige Regelung aussehen sollte. Für weite Teile der palästinensischen Gesellschaft waren die Vereinbarungen unmittelbarer Ausdruck des bevorstehenden Endes der Besatzung und der baldigen Erringung nationaler Selbstbestimmung. Welcher Preis dafür zu entrichten sein würde, machten sie sich nicht völlig klar: Oslo implizierte das Ende des jüdisch-palästinensischen Konflikts, mithin den Verzicht auf alle weiteren Forderungen an Israel, und den Abschied von den Träumen, die Flüchtlinge konnten zurückkehren und in einem Palästina leben, wie es vor 1948 existiert hatte. Eine abschließende Lösung sollte die nationale Unabhängigkeit bringen, der erhebenste Moment in der Geschichte der palästinensischen Nationalbewegung.

Doch ein solcher Sieg würde zugleich die Niederlage dieser Bewegung vor Augen führen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Palästina dominierte, ihre Vorherrschaft 1948 einbüßte und sich nun, Anfang des 21. Jahrhunderts, mit 22% des einstigen Palästina begnügen muß.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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