„Wenn Europa den Mut aufbringt, den Vorschlägen seiner weitsichtigen Denker zu folgen“, schrieb Tahar Ben Jelloun kürzlich anlässlich eines möglichen EU-Beitritts der Türkei, dann „wird es an Macht und Menschlichkeit gewinnen, seine humanistischen Werte stärken und den Extremisten aller Art das Wasser abgraben.“ Der in Paris lebende marokkanische Intellektuelle forderte die „Integration der Barbaren“ in die Europäische Union. Und gemeint sind mit „Barbaren“ nicht nur die Türkei, sondern auch Algerien, Tunesien und vor allem Marokko.1
Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Debatten um die kulturelle EUTauglichkeit der Türkei erscheint eine solche Forderung absurd. Sie kommt dennoch zur rechten Zeit. Anlässlich des Gipfeltreffens, bei dem am 27. und 28. November in Barcelona das zehnjährige Bestehen der Euro-Mediterranen Partnerschaft begangen wurde, scheint eine Revision der Beziehungen zwischen der EU und den vornehmlich arabischen Anrainerstaaten des Mittelmeers geboten.
So wünschenswert das von Jelloun aufgezeigte Ziel auch sein mag, seine Worte skizzieren weniger eine realistische Perspektive als eine grundlegende Kritik des europäischen Selbstverständnisses im Verhältnis zu seinen arabischen Nachbarn. Es geht, so ließen sich seine Überlegungen fortführen, nicht um Modifikationen europäischer Programme und eine Ausweitung bestehender Kooperationen.