Erinnerungspolitik von Waldheim bis Haider
Gerade erst ist das österreichische Jubiläums-Jubel-Gedenkjahr 2005 – 60 Jahre Zweite Republik, 50 Jahre Staatsvertrag, 10 Jahre EU-Mitgliedschaft – zu Ende gegangen, da kündigt sich bereits ein anderes Jubiläum ganz eigener Art an, welches das offizielle Österreich voraussichtlich weniger frenetisch- patriotisch begehen wird. Schließlich steht die 20jährige Wiederkehr der Waldheim-Affäre diametral im Gegensatz zur letztjährigen Reinszenierung der österreichischen „Erfolgsstory“, mit der die rechtskonservative Regierungskoalition gern auch im Jahr ihrer EU-Ratspräsidentschaft fortfahren möchte.
Zur Erinnerung: Die langjährige Debatte um die Kriegs- und NS-Vergangenheit des Bundespräsidenten und ehemaligen UN-Generalsekretärs Kurt Waldheim war der Auslöser für die nur zögerlich in Gang gekommene Aufarbeitung der nationalsozialistischen Geschichte Österreichs. Damals begannen Politik und Gesellschaft, die österreichische Erfolgsgeschichte mit all ihren Legenden und Mythen zu hinterfragen, woraus Veränderungen in der offiziellen Geschichtspolitik resultierten. Heute reibt man sich ungläubig die Augen; fast könnte man meinen, die Waldheim-Affäre habe niemals stattgefunden. Weder deren 20jährige Wiederkehr noch die Jubiläumsfeierlichkeiten im letzten Jahr wurden zu einer kritischen Selbstreflexion genutzt.