Ausgabe Juli 2009

Kulturkampf in der Türkei?

Von Turbulenzen sprechen politische Kommentatoren, von einem sich zuspitzenden Kulturkampf am Bosporus. Und in der Tat: Was wir gelegentlich über die Nachrichtenticker wahrzunehmen vermögen, klingt schon recht kurios. So erklärte das türkische Verfassungsgericht 2007 die Regierungspartei AKP für verfassungswidrig und scheiterte nur knapp damit, sie deswegen verbieten zu lassen. Die gemäßigt islamische AKP wiederum setzte auf parlamentarischem Wege einen Verfassungszusatz in Kraft, der es Frauen „ermöglicht“, mit Kopftuch zu studieren, was daraufhin von den kemalistischen Verfassungswächtern für null und nichtig erklärt wurde.

Wer unter die Oberfläche dieser Nachrichten zu schauen gewillt ist, muss schon zu Spezialveröffentlichungen greifen. Und die werden umso besser, je weiter sie sich wegbewegen von der ideologisch aufgeladenen Angstmache vor den um Einlass in die EU begehrenden nichtchristlichen Türken.

Perry Andersons Buch bietet uns einen solch unaufgeregten, überaus erhellenden Zugang. Der in London und Los Angeles lebende Brite irischer Abstammung ist, was man einen angelsächsischen Weltbürger nennen muss.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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