Ausgabe September 2012

Euroland bald abgebrannt?

Die Währungsunion am Scheideweg

Die tiefgreifende Systemkrise der am Neujahrsmorgen 1999 gestarteten europäischen Währungsunion ist heute unübersehbar, tagtäglich werden die Wetten auf den Absturz des Euro erneuert. Auch Deutschland, das sich noch immer auf einer „Insel der Glückseligen“ wähnt, kann sich dieser Systemkrise nicht mehr entziehen. Nachdem die Bundesrepublik über Jahre mittels innerer Abwertung (durch zurückhaltende Lohnpolitik und die Deregulierung der Arbeitsmärkte) profitable Außenhandelsüberschüsse erzielt hat, schlägt die dadurch erzeugte Verschuldenskrise der Nachbarstaaten nun auf den Krisen(mit)verursacher zurück. Diese negative Rückkopplung wird durch die den Krisenländern oktroyierte Austeritätspolitik zusätzlich verstärkt.

Kurz vor dem Abgrund stellt sich heute nur noch eine Alternative: Entweder erfolgt der mutige Abschied vom Gründungsirrglauben, wonach die Währungsunion aus sich heraus genügend realwirtschaftliche Konvergenz erzeugt. Oder man wählt die Exitoption, die ihrerseits mehrere Varianten zulässt. Erstens: Die heutige Gemeinschaftswährung löst sich in nationale Währungen auf, für die eigene Wechselkurse notiert werden. Eine zweite Variante wäre ein Hartwährungskern mit dem Epizentrum Deutschland.

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (9.50€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Verbrecherische Komplizen: Libyen und die EU

von Sigrun Matthiesen, Allison West

Es war ein Tiefpunkt in der Geschichte der Seenotrettung: 20 Minuten lang beschoss am 24. August ein Patrouillenboot der libyschen Küstenwache die Ocean Viking, ein Rettungsschiff der Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée.

Von Milošević zu Trump: Die bosnische Tragödie und der Verrat an den Bürgerrechten

von Sead Husic

Es herrschte keine Freude bei der bosnisch-herzegowinischen Regierungsdelegation am 22. November 1995 auf dem Wright-Patterson-Luftwaffenstützpunkt in Dayton. Eben hatte sie dem Friedensabkommen mit der Bundesrepublik Jugoslawien, die noch aus Serbien und Montenegro bestand, und Kroatien zugestimmt, doch sie fühlte sich betrogen.