Die Zahl derer, die für die extreme Rechte stimmen, hat sich in Frankreich binnen weniger Jahre von 15 auf 30 Prozent verdoppelt. In einer Reihe von Regionen genießt sie jetzt Zustimmungsraten von bis zu 40 Prozent. Dass es so weit gekommen ist, liegt am Zusammenspiel diverser Faktoren: am Anstieg der Arbeitslosigkeit und der Fremdenfeindlichkeit, tiefer Enttäuschung über die Bilanz der regierenden Linken und schließlich am Aufkommen eines Gefühls, man habe so gut wie alles ausprobiert – jetzt sei es an der Zeit, es mit etwas ganz Neuem zu versuchen. Das ist der Preis für den desaströsen Umgang mit der Finanzkrise, die 2008 von den Vereinigten Staaten ausging, und die wir durch eigene Schuld in eine europäische Dauerkrise verwandelt haben. Die Verantwortung dafür liegt bei Institutionen und politischen Entscheidungen, die sich als gänzlich unangemessen erwiesen. Ganz besonders gilt das für die Eurozone mit ihren 19 Mitgliedsstaaten. Wir haben eine Einheitswährung, aber 19 unterschiedliche Staatshaushalte und Verschuldungsgrade, 19 verschiedene Zinssätze für Staatsanleihen, mit denen die Finanzmärkte nach Belieben spekulieren, und schließlich 19 unterschiedliche Unternehmenssteuersätze in ungezügelter Konkurrenz miteinander – dies alles ohne einen gemeinsamen sozial- und bildungspolitischen Unterbau.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.
 
 
   
 
 
 
 
