Als die Studentenbewegung vor 50 Jahren ihren Höhepunkt erreichte, schöpfte sie ihre Motive aus unterschiedlichen Quellen und verknüpfte dabei viele noch heute wichtige Themen der Zeit. Vor allem die Beschäftigung mit den Ursachen des Vietnamkrieges bewirkte, dass junge Menschen sich für die Politische Ökonomie (also das Ökonomische in der Politik) zu interessieren begannen und dass über den Charakter des Kapitalismus, über Klassenverhältnisse, Klassenkampf und Imperialismus diskutiert wurde. Der Vietcong galt als eine der Befreiungsbewegungen, welche „die Vernunft, die Institutionen und die Moralität dieser überentwickelten Industriegesellschaft in Frage stellen und bedrohen“, schrieb Herbert Marcuse seinerzeit: Denn ein Sieg der nationalen Befreiungsbewegung in Vietnam gegen die USA „würde bedeuten […], dass eine elementare Rebellion von Menschen gegen den mächtigsten technischen Repressionsapparat aller Zeiten erfolgreich sein kann“.[1]
Wie Marcuse, so verstanden auch die politisierten Studenten den Vietnamkrieg als „Manifestation eines Weltsystems“, einer „Gesellschaft im Überfluss“,[2] die erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder der Doktrin zu folgen schien, dass „Kriege Wirtschaftskrisen kurieren und, insofern sie außerhalb des eigenen Territoriums geführt werden, das kleinere Übel sind“.