Ausgabe April 2020

Die schleichende Bedrohung

„Das Wort ‚Faschismus‘, das reflexartig jedes Mal fällt, wenn wir vor einem politischen Akt stehen, der uns autoritär erscheint, […] ruft immer zugleich die Reaktion hervor: Was für eine Übertreibung! Wo sind die Schlägerhorden der Schwarzhemden? Wo sind die Sondergerichte?“ Dies sind die einleitenden Worte des italienischen Schriftstellers und Journalisten Roberto Saviano zu dem Buch „Der ewige Faschismus“ seines Landsmannes Umberto Eco. Eco hatte 2006 öffentlich zum Schutz Savianos aufgerufen, als dieser von der Mafia wegen seines Buches „Gomorrha“ mit dem Tode bedroht wurde. Beide verbindet eine Erkenntnis, nämlich dass die Unterwanderung eines demokratischen Gemeinwesens durch faschistische oder wirtschaftskriminelle Gruppierungen oft schleichend geschieht. Was zunächst nicht wie Faschismus und eine staatszersetzende Bedrohung aussieht, kann jedoch den Keim dieser unheilvollen Phänomene in sich tragen. Angesichts der aktuellen Ausbreitung von Populismus und Autoritarismus in Europa sind Ecos Überlegungen zur Relevanz faschistischer Tendenzen wieder hochaktuell.

Umberto Eco war einer der erfolgreichsten Romanciers und Intellektuellen seiner Zeit. 1932 in Alessandria geboren, avancierte er in den 1960er Jahren zum international geschätzten Mediävisten und Literaturtheoretiker. 1980 wurde er weltberühmt mit seinem Roman „Im Namen der Rose“.

April 2020

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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