
Bild: Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz bei seiner Rücktritterklärung, 2.12.2021 (IMAGO / Sven Simon)
Auf einmal war er so ganz Familienmensch: Die Geburt seines Sohnes habe ihm klar gemacht, wie viel Wichtiges und Schönes es abseits der Politik gebe, sagte Sebastian Kurz während seiner Rücktrittsrede am 2. Dezember: „So ein kleines Baby kann man stundenlang anschauen und ist froh und glücklich.“ Acht Wochen nach seinem „Schritt zur Seite“ aus dem Bundeskanzleramt legt er damit auch die ihm verbliebenen Funktionen als Partei- und Klubobmann der ÖVP nieder und verabschiedet sich aus der Politik. In gewohnt uneinsichtiger Manier stilisiert er sich dabei zum Opfer, zum von den Medien „Gejagten“ und zeigt sich von deren „Vorwürfen, Anschuldigungen und Unterstellungen“ gekränkt, die zuletzt seine Begeisterung an der Arbeit geschmälert hätten.
Doch so rührselig Kurz die Geburt seines Kindes auch beschreibt und zugleich auf Instagram vermarktet, so sehr darf bezweifelt werden, dass sie der entscheidende Augenöffner war. Eher scheint der tief gefallene Shootingstar die Gelegenheit zum gesichtswahrenden Abgang zu nutzen, um einer möglichen Anklage durch die Wirtschafts- und Korruptionstaatsanwaltschaft (WKSta) zuvorzukommen – und sich so ein mögliches Comeback in der Zukunft offenzuhalten, das er keineswegs ausgeschlossen hat, auch wenn es ihn jetzt erst einmal in die weit lukrativere Wirtschaft zieht.