Warum afrikanische Staaten für ein internationales Abkommen kämpfen

Bild: Agrey Dravule beim Lake Cleanup des Victoriasees (© Yannick Tylle)
Agrey Dravule taucht seinen Zeh ins Wasser, bevor er in seine Flossen steigt. Dann stülpt er die Taucherbrille über sein Gesicht und steckt sich das Mundstück der Gasflasche, die auf seinen Rücken geschnallt ist, zwischen die Zähne. Mit großen Schritten watet der 25-jährige Ugander im Neoprenanzug in das grün schimmernde Wasser des Victoriasees. Die Mission des Tauchers: Das verdreckte Gewässer von Unrat, vor allem Plastikmüll, zu befreien. Das kleine ugandische Fischerdorf Guda, von wo aus Dravule tauchen geht, liegt etwa 30 Kilometer von Ugandas Hauptstadt Kampala entfernt. Die rund 500 Dorfbewohner leben in selbstgebauten Holzbaracken mit Wellblechdach, ohne Wasseranschluss, Toiletten oder Stromversorgung. Die meisten sind Fischer, sie leben davon, was der See ihnen bietet.
Der Victoriasee im Herzen Afrikas, an dessen Ufer Ugandas Hauptstadt Kampala liegt, ist das drittgrößte Süßwassergewässer des Planeten, etwa so groß wie Bayern. Er spendet den rund 30 Millionen Menschen entlang seiner Ufer Wasser, er liefert Fisch und er dient als Transportweg. Viele Afrikaner glauben, der fruchtbare Boden rund um den See sei die Wiege der Menschheit: das Paradies an der Quelle des Nils, von wo aus sich die menschliche Zivilisation den Fluss entlang bis nach Ägypten ausbreitete.
Doch allmählich verwandelt sich der See in einen Fluch, weil sein Ökosystem stirbt. Bereits 2005 wurde das riesige Gewässer von der Umweltschutzorganisation Global Nature Fund zum meistgefährdeten See der Welt erklärt. Die Ursachen dafür sind vielfältig, die meisten jedoch hausgemacht. „Der See ist die größte Müllkippe des Landes“, erklärt Dravule. „Er ist meist so trübe und grün, dass ich unter Wasser nicht einmal einen Meter weit sehen kann“, seufzt er, bevor er abtaucht. Das macht seine Mission besonders schwierig, denn Dravule will dazu beitragen, dass der See nicht endgültig kippt. Als einer von nur wenigen ausgebildeten Tauchern im Land kümmert er sich beruflich im Auftrag von Fischereifirmen um die Fischzuchtanlagen unter Wasser. Manchmal beauftragt ihn auch die staatliche Marine, gesunkene Boote und sogar Leichen zu bergen. In seiner Freizeit jedoch schnappt er sich seine Ausrüstung und geht entlang der Ufer Unrat bergen. Säckeweise Plastikflaschen, alte und kaputte Fischernetze, Autoreifen, Plastiktüten – Dravule kann gar nicht alles aufzählen, was er schon aus dem See gefischt hat. Zudem ist der See hochgradig vergiftet: mit Fäkalien aus dem Abwasser der Großstadt, mit Phosphaten aus der Landwirtschaft, aber auch mit Schwermetallen wie Blei. Besonders alarmierende Werte registrierten Biologen im Jahr 2022 in der Murchinson-Bucht direkt vor den Toren Kampalas, wo auch Dravule nach Unrat sucht.
Der Grund: Von der Innenstadt verläuft entlang der Eisenbahnlinien, die zum Hafen führen, ein offener Abwasserkanal. Er zieht sich von der riesigen Müllhalde im Norden der Stadt durch zahlreiche Armenviertel und durch das Industriegebiet bis zum See hinunter. Unterwegs sammeln sich tonnenweise Abfälle an, vor allem Plastik, die bei Tropenregen in Sturzbächen in den See gespült werden – wo Dravule sie dann im besten Falle wieder zutage fördert.
Der Plastikmüll ist nicht nur eine Gefahr für Afrikas größte Süßwasserreserve. Jedes Mal, wenn in Uganda die Regenzeit einsetzt, wird der Plastikmüll in den Straßengräben zur tödlichen Falle für die Hauptstadtbewohner. Denn dann donnern gigantische Wassermassen die zahlreichen Hügel der Hauptstadt hinunter. Eigentlich sollten sie sich in den offenen Wassergräben entlang der geteerten Straßen sammeln, kontrolliert in die Kanalsysteme eingeschleust und weiter in den See transportiert werden. Doch diese Kanäle sind meist verstopft mit Plastiktüten und Plastikflaschen. Die Abfälle darin stauen das Wasser auf und überspülen letztlich die Straßen, die sich damit in reißende Strömen verwandeln.
In den vergangenen Jahren stieg in Uganda deshalb die Zahl der Toten, die in der Regenzeit in den Fluten ertrinken. In den Monaten November und Dezember stand die braune Brühe in der Innenstadt zum Teil so hoch, dass Autos darin untergingen und Fußgänger sich schwimmend retten mussten. Mittlerweile haben sowohl Ugandas Wasser- und Umweltministerium als auch die nationale Umweltbehörde (NEMA) die Verschmutzung der Flüsse, Bäche und Abwasserkanäle innerhalb der Städte des Landes zum Risiko für die Bevölkerung erklärt. Laut der jüngsten Studie, die 2022 von NEMA in Auftrag gegeben wurde, werden täglich landesweit 600 Tonnen Plastik produziert. Doch nur 40 Prozent davon werden nach Gebrauch im Müll entsorgt, 60 Prozent landen in den Straßengräben.[1]
„Diese [60 Prozent] machen den größten Teil der Verschmutzung unserer Seen und Flüsse, der Verschlechterung unserer Böden und der Unwirksamkeit der Fruchtbarkeit und Produktivität der Landwirtschaft aus“, so Nema-Direktor Barirega Akankwasah: „Es erübrigt sich zu erwähnen, dass die weit verbreitete Verstopfung unserer Entwässerungskanäle zu den Überschwemmungen führt, die wir heute erleben.“ Nema hat im Juni angekündigt, dass die Regierung ab 2024 die nationalen Getränkehersteller dazu verpflichten will, nur noch Glasflaschen zu verkaufen.
Ugandas Hauptstadt Kampala mit gerade einmal zwei Millionen Einwohnern ist kein Einzelfall. Fast alle afrikanischen Städte sind vom Plastikmüll betroffen. Nur die wenigsten verfügen über Müllentsorgungssysteme oder eine Müllabfuhr. Von Mülltrennung und -recycling sind die meisten weit entfernt. Meistens landet aller Abfall – vom Elektroschrott bis zur Bananenschale – auf einem gigantischen Berg außerhalb der Städte. Gleichzeitig führen bestimmte Faktoren wie Armut und Mangel an sauberem Trinkwasser dazu, dass viel Plastik im Umlauf ist. Jeder Liter Wasser, den die Menschen täglich trinken, wird in einer Plastikflasche serviert.
Vorreiter Ruanda: Null Toleranz gegenüber Einwegplastik
Einige afrikanische Länder haben deswegen bereits eine drastische Kehrtwende in Sachen Plastik vollzogen. Ugandas Nachbarland Ruanda ist seit 2008 weltweit eines der Vorzeigeländer für eine Politik der Nulltoleranz gegenüber Einwegplastik. Es war ein radikaler Umschwung: Damals wurden der Import, die Herstellung und Nutzung von Plastiktüten, beispielsweise in Supermärkten, von heute auf morgen per Gesetz verboten. Seitdem kontrollieren an allen Grenzen und Flughäfen Zollbeamte Koffer und Taschen, um Plastiktüten zu konfiszieren. 2019 folgte ein Gesetz, das weiteres Einwegplastik verbot: Strohhalme, Plastikbesteck, Plastikteller. Die Herstellerfirmen bekamen drei Jahre Zeit, um auf alternative Rohstoffe umzusatteln. Dazu richtete die Regierung einen „Grünen Fonds“ ein, bei dem sich Firmen um einen günstigen Kredit bewerben können, um alternative Tüten oder Strohhalme zu entwickeln.
Gleichzeitig startete Ruandas Umweltbehörde REMA ein Projekt, um Recyclingmethoden für Plastik zu entwerfen. Dies wurde über die Privatwirtschaft finanziert. Jede Firma, die eine Ausnahmeregelung erhalten hat, um weiter Plastik verwenden zu dürfen, beispielsweise Hersteller von medizinischen Produkten wie Einwegspritzen und deren sterile Verpackungen, muss einen gewissen Prozentsatz ihres Gewinnes in einen Fonds abführen, aus welchem die Recyclingprojekte finanziert werden. Ruanda war eines der ersten Länder weltweit, das 2021 im Rahmen der UN-Umweltagentur (UNEP) den Vorschlag in den Raum stellte, ein weltweit bindendes Abkommen für Plastikreduzierung und -vermeidung anzustrengen.
Ruandas Erfolg hat in Ostafrika zahlreiche Nachbarländer ermutigt gleichzuziehen. In Kenia wurde 2017 eines der strengsten Anti-Plastik-Gesetze weltweit eingeführt. Zu jener Zeit starben ungewöhnlich viele Kühe und Ziegen, weil ihre Mägen mit Plastik verstopft waren. Die Fleisch- und Milchindustrie ist in Kenia sehr einflussreich, zahlreiche Politiker besitzen gewaltige Rinderherden. Auch sie sahen in dem Gesetz einen Nutzen. Auf seine Missachtung stehen seitdem vier Jahre Gefängnis sowie eine Geldstrafe von umgerechnet 25 000 Euro. In Tansania wurde 2019 ein ähnliches Gesetz verabschiedet.
Diese nationalen Verbote stoßen allerdings an ihre Grenzen. Mittlerweile haben sich in Ostafrika mafiaartige Strukturen etabliert, die Plastiktüten quer durch die Region schmuggeln. So finden sich in Kenias Supermärkten immer wieder illegal eingeführte Tüten aus Uganda. Auch Kenias Präsident William Ruto ist deswegen ein eifriger Verfechter eines globalen Abkommens, das Einwegplastik langfristig weltweit verbietet. Über 60 Staaten, darunter viele aus dem Globalen Süden, sprechen sich für eine starke Reduktion der Plastikproduktion aus.
In Uganda wiederum wurde zwar bereits 2007 der Gebrauch von einfachen Plastiktüten gesetzlich verboten, an der Umsetzung hapert es allerdings. Nach wie vor werden auf den Märkten Tomaten und Mangos in Polyethylentüten abgepackt, obwohl deren Gebrauch längst untersagt ist. Das Problem: In Uganda hat die Plastikindustrie eine große Lobby. Die größte Fima, Mukwano, zählt zu den größten Steuerzahlern im Land, der Firmenchef ist eng mit der Präsidentenfamilie verbandelt. Die Folge: Auch wenn neue Gesetze erlassen wurden, hat die Umweltbehörde keine ausreichenden Befugnisse, das Plastikverbot zu ahnden. Im November 2023 hatten sich deswegen erneut Ugandas Parlamentarier und Minister zusammengesetzt. Sie waren sich einig: Es braucht ein globales Plastikverbot.
Ein bindendes globales Plastikabkommen ist unabdingbar
Um die Welt vor einer Überschwemmung mit Plastikmüll zu retten, haben sich im November vergangenen Jahres Regierungsvertreter aus 175 Ländern sowie Diplomaten, Wirtschaftsakteure und Umweltschützer in Kenias Hauptstadt Nairobi getroffen. Ihr Ziel: einen internationalen, bindenden Vertrag gegen Plastik zu erarbeiten. Es ist das zweitwichtigste Programm zur Rettung des Planeten nach dem Pariser Abkommen von 2015, in welchem sich die Staaten der Erde verpflichtet hatten, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. „Die Bedrohung unseres Planeten, unserer Gesundheit und unserer Zukunft durch Plastik ist so groß“, mahnte Kenias Präsident Ruto in seiner Eröffnungsrede, „dass wir alle – und damit meine ich alle, der Globale Süden und der Globale Norden – ein globales Instrument entwickeln und umsetzen müssen, das uns dabei hilft, die Bedrohung durch Plastikverschmutzung in unserer Welt zu neutralisieren.“ Ziel solle sein, ein bindendes Abkommen zu unterzeichnen, das besonders gefährliche Plastikprodukte weltweit verbietet sowie die Staaten zur Reduzierung von Plastik verpflichtet.
Dass diese wichtige Umweltkonferenz in Afrika stattfand, ist kein Zufall. In Kenias Hauptstadt befindet sich seit deren Gründung 1972 der Hauptsitz der UN-Umweltagentur UNEP. Damals hatten Regierungsvertreter aus Afrika innerhalb der Vereinten Nationen (UNO) darauf gepocht, dass einige UN-Agenturen im Globalen Süden ihr Hauptquartier erhalten sollten, um auch deren Perspektiven einzubeziehen. Der UNEP-Hauptsitz in Nairobi war der erste in Afrika. Seitdem gelingt es den afrikanischen Staaten vor allem in Umweltfragen, ihre Probleme auf die internationale Agenda zu setzen. Nach dem Klimagipfel in Nairobi im September 2023 war die Plastikkonferenz die zweite wichtige Umweltkonferenz auf dem Kontinent.
Das Plastikproblem ist in Afrika besonders gravierend, weil die nötige Infrastruktur fehlt, mit diesem umzugehen. Laut Angaben der UN-Umweltagentur UNEP werden jedes Jahr weltweit mehr als 400 Mio. Tonnen Plastik produziert.[2] Davon gelangen 23 Mio. Tonnen (knapp sechs Prozent) in Flüsse, Seen und weiter in die Ozeane. Nur neun Prozent werden weltweit recycelt, vor allem im Globalen Norden. Fast die Hälfte des Plastikmülls wird dagegen auf Deponien abgelagert, während zwölf Prozent verbrannt werden. Ein weiteres Viertel wird schlecht entsorgt und landet vor allem im Globalen Süden irgendwo in der Natur – oder eben in den Straßengräben der Städte, wo sie in Regenzeiten zur tödlichen Falle werden. Ruto warnte in Anbetracht dieser Plastikmüllberge: „Wenn wir nichts tun, werden wir bis zum Jahr 2060 mehr als eine Mrd. Tonnen Plastik produzieren. Diese Art der Verschmutzung unserer Umwelt ist inakzeptabel und im Wesentlichen existenziell.“
Um Plastikmüll zu reduzieren und zu recyclen, benötigt man allerdings nicht nur funktionierende Müllentsorgungs- und Recyclingsysteme, sondern auch eine verbesserte Infrastruktur hinsichtlich der Wasser- und Abwasserversorgung – angefangen bei Klärwerken und Wiederaufbereitungsanlagen bis hin zu besseren Leitungen und Kanalsystemen, die regelmäßig von Plastikmüll gereinigt werden. Ein Ansatz könnte sein, dass die westlichen Industriestaaten des Globalen Nordens mittels wirtschaftlicher Zusammenarbeit den Ländern des Globalen Südens beim Aufbau dieser Infrastrukturen unter die Arme greifen, vor allem finanziell; ähnlich wie dies – wenngleich in viel zu geringem Ausmaß – auch bei der globalen Klimapolitik geschieht.
Ein positives Beispiel hierfür ist ein von der Bundesregierung über die Entwicklungsbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) finanziertes Projekt in Gulu, einer aufstrebenden Stadt im Norden Ugandas. Dort wurde mit deutschen Geldern eine Müllabfuhr eingerichtet, die den Abfall zu einer Deponie bringt. Mülleimer und Plastiksammelcontainer wurden aufgestellt, Schulungen zur Abfallentsorgung für lokale Behörden finanziert. Seitdem gilt die einst vom Bürgerkrieg zerstörte Stadt als eine der saubersten im Land.
Für die Staaten des Globalen Südens ist ein globales Abkommen insofern lohnenswert, als sie dadurch internationale Unterstützung erhalten würden, mit dem massiven Müllproblem umzugehen. Über 60 Länder weltweit, darunter viele aus dem Globalen Süden, sprachen sich deswegen bei den Verhandlungen im November für eine starke Reduktion der Plastikproduktion aus. Andere Staaten, darunter vor allem die westlichen Industrie-, aber auch die ölproduzierenden Länder, pochen wiederum auf eine freiwillige Selbstverpflichtung von Regierungen, ähnlich wie beim Pariser Abkommen 2015, das dem Klimawandel entgegenwirken soll. Bei der vorangegangenen Verhandlungsrunde des zuständigen Komitees der UNEP (International Negotiating Committee: INC) in Paris im Mai 2023 haben sich führende öl- und plastikproduzierende Länder wie die USA, China, Indien sowie Saudi-Arabien dafür ausgesprochen, dass jedes Land seine eigenen Regeln hinsichtlich der Plastikreduzierung erlassen solle. Ein weltweit einheitliches, bindendes Abkommen lehnen sie ab. Das zuständige Komitee (INC) der UNEP hat bereits 2022 einen ersten Entwurf für ein Abkommen ausgearbeitet.[3] Dieser galt als Grundlage der Verhandlungen in Nairobi. Viele Teilnehmende erhofften sich ein globales Abkommen, das am Ende allerdings nicht zustande kam. Die nächste Verhandlungsrunde findet nun im April im kanadischen Ottawa statt, eine fünfte und letzte folgt im November in Südkorea. Dann soll das Abkommen stehen. Gustavo Meza-Cuadra Velásquez, INC-Vorsitzender aus Peru, betonte zu Beginn der letzten Verhandlungsrunde: „Wir haben die kollektive Macht, diesen Kurs zu ändern.“
Ein Kampf auf vielen Ebenen
Als Taucher Dravule nach 30 Minuten unter Wasser wieder aus dem Victoriasee auftaucht, blickt er enttäuscht unter seiner Taucherbrille hervor. Gerade einmal eine Handvoll Plastikflaschen hat er in seinem Sack gesammelt. „Die Sichtweite heute ist einfach null“, klagt er und sammelt am Strand noch ein altes kaputtes Fischernetz ein, in welchem er sich fast mit seinen Flossen verheddert. Während Dravule sich am Ufer von Guda aus seinem Neoprenanzug schält, schaut er sich um. Frauen waschen im Seewasser zuerst ihr Geschirr, dann schmutzige Wäsche. Das seifige Restwasser kippen sie zurück in den See. Daneben reparieren einige Fischer einen Bootsmotor, füllen Diesel und Hydraulikflüssigkeit nach und werfen die leeren Behälter in den See. „Die Leute hier wissen einfach nicht, was sie dem See und sich selbst damit langfristig antun, wenn sie sich so verhalten“, sagt Dravule, schüttelt den Kopf und schleppt seine Pressluftflaschen durch die engen Gassen des Fischerdorfes bis zu einer kleinen Holzhütte, in der der Dorfvorsteher sein Büro hat.
Mit einer Handbewegung fordert der Dorfvorsteher ihn auf mitzukommen. An der Toronto Beach Bar vorbei, hinter den kaputten alten Fischerbooten türmt sich am Strand ein Berg voller Unrat auf: Plastik- und Bierflaschen, Mülltüten, Essensabfälle – alles liegt kunterbunt auf einem Haufen, nur wenige Meter vom Ufer entfernt. Drei Ziegen laben sich an Bananenschalen. „Dieser ganze Müll kann in den See hineingespült werden, wenn die Wellen kommen oder das Wasser wieder steigt“, erklärt Dravule dem Dorfvorsteher. Dieser nickt zustimmend. „All dieser Müll hier führt langfristig dazu, dass die Menschen kein Einkommen mehr vom See haben“, erklärt der Taucher. Dann drückt er dem älteren Mann die Telefonnummer von der örtlichen Müllentsorgungsfirma in die Hand und rät ihm: „Wenn die Menschen weiter von diesem See leben wollen, lassen Sie den Abfall entsorgen.“
Auch dieses Beispiel zeigt: Um das globale Plastikproblem zu bewältigen, ist harte Arbeit nötig, von der Aufklärung der Menschen über den richtigen Umgang mit Plastikmüll auf lokaler Ebene, dem Ausbau von Infrastrukturen zur Müllentsorgung und zum Recycling bis hin zu einer Regulierung der Plastikproduktion auf globaler Ebene. Vielversprechende individuelle Ansätze gibt es bereits. Ob sie sich weiter durchsetzen können, hängt auch davon ab, ob bei den im April anstehenden Verhandlungen über ein globales Abkommen zur Eindämmung von Plastikmüll ein Durchbruch erzielt wird.
[1] Uganda generates 600 tonnes of plastic waste daily – NEMA, in: „Daily Monitor”, 5.2.2022.
[2] Recycled plastic gavel brought to signify plastic pollution agreement, unep.org, 31.3.2022.´
[3] Draft resolution: End plastic pollution: Towards an international legally binding Instrument, wedocs.unep.org, 2.3.2022.