Es geschah drei Monate vor dem Lynchmord an Isadora Moreley in Selma, Alabama, und zwei Monate vor dem Lynchmord an Sidney Randolph nahe Rockville, Maryland: Am 19. Mai 1896 reservierte die „New York Times“ einen einzigen Satz auf Seite drei, um über die Entscheidung des US Supreme Court im Fall Plessy vs. Ferguson zu berichten.[1] Die Verrechtlichung von Jim Crow war 1896 kaum eine Nachricht wert. Die Amerikaner wussten bereits, dass die gleichen Rechte für alle gelyncht worden waren. Der Fall Plessy war bloß ihr stilles Begräbnis.
Deutlich größere Schockwellen rief im selben Jahr ein anderer Text hervor, der von der führenden sozialwissenschaftlichen Organisation des Landes veröffentlicht wurde, der American Economic Association, und laut der Historikerin Evelynn Hammonds „eines der einflussreichsten sozialwissenschaftlichen Dokumente um die Wende zum 20. Jahrhundert“[2] ist: „Nichts zeigt diese Untersuchung klarer, als dass der Schwarze in den Südstaaten zur Zeit der Emanzipation [der vormaligen Sklaven, Anm. d. Red.] körperlich gesund und heiteren Wesens war“, schrieb Frederick Hoffman in „Race Traits and Tendencies of the American Negro“. „Wie aber sind die Zustände dreißig Jahre danach?“, fragte Hoffman und schloss aus der „deutlichen Sprache der Tatsachen“, dass schwarze Amerikaner in der Sklaverei besser dran waren.