Ausgabe April 2023

Heizen klimaneutral: Die befeuerte Angst

Eine Wärmepume an einem Haus in der Nähe von Tettnang, Bodenseekreis, Baden-Württemberg, 4.5.2022 (IMAGO / Manngold)

Bild: Eine Wärmepume an einem Haus in der Nähe von Tettnang, Bodenseekreis, Baden-Württemberg, 4.5.2022 (IMAGO / Manngold)

Eigentlich schien die Sache längst klar: Bereits im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP beschlossen, dass von Januar 2025 an neu eingebaute Heizungen in Deutschland in der Regel zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbarer Energie betrieben werden müssen.[1] Nach der Energiekrise, die durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöst wurde, zog die Koalition diese Vorhaben vor etwa einem Jahr auf Januar 2024 vor.[2] Heizungen, die komplett mit fossilem Gas oder Öl betrieben werden, können diese Vorgabe nicht erfüllen. Damit bedeutet die Regelung – von Ausnahmen abgesehen – ein Verbot rein fossiler Heizungen. Und das ist nach Ansicht der allermeisten Expert:innen auch alternativlos, wenn der hiesige Gebäudebestand bis 2045 keine Treibhausgase mehr emittieren soll – was zwingend erforderlich ist, weil bis dahin ja das gesamte Land klimaneutral sein soll.[3]

Doch nun, da der Termin für das Verbot näher rückt und das Gesetz, mit dem es umgesetzt werden soll, in Arbeit ist, steht das Projekt plötzlich wieder infrage. Lobbyverbände von Hauseigentümer:innen und Gaswirtschaft machen dagegen mobil, die „Bild“-Zeitung schießt fast täglich scharf gegen „Habecks Heizungs-Hammer“. Angesichts dieser Kampagne stellt die FDP, die eigentlich längst zugestimmt hatte, das Projekt nun wieder infrage: Nachdem sich das Grünen-geführte Wirtschaftsministerium und das SPD-geführte Bauministerium auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf geeinigt hatten, erklärte Finanzminister Christian Lindner, dieser müsse „zurück in die Montagehalle“. Was genau die FDP und andere Kritiker:innen am weitgehenden Verbot fossiler Heizungen stört, ist dabei nicht ganz klar; von der grundsätzlichen Ablehnung staatlicher Verbote über technische Bedenken bis hin zu organisatorischen und finanziellen Vorbehalten ist alles dabei. Sofern es wirklich um die Sache geht, sollte sich der Streit aber beilegen lassen – denn die meisten Kritikpunkte lassen sich entkräften oder lösen.

Ein großer Pluspunkt beim Ersatz fossiler Heizungen ist nämlich, dass es für einen großen Teil der Anwendungsfälle eine wirklich gute Alternative gibt: die Wärmepumpe. Anders als bisweilen angenommen, handelt es sich dabei keineswegs um ein kompliziertes Hightechgerät, sondern um eine Technik, die aus Kühlschrank und Klimaanlagen lange bekannt ist: In einem geschlossenen Kreislauf entsteht an einer Stelle Wärme, indem mittels eines strombetriebenen Kompressors ein Kühlmittel unter Druck gesetzt wird, und an anderer Stelle Kälte, indem der Druck wieder abgebaut wird. Die Wärme verbleibt dabei in der Wohnung, die Kälte wird an die Umgebung abgegeben, indem die Außenluft, der Boden oder das Grundwasser abgekühlt werden. Diese Wärme, die der Umgebung entzogen wird, macht die Wärmepumpe so effizient: Aus einer Kilowattstunde Strom entstehen drei bis fünf Kilowattstunden Wärme. Selbst wenn der Strom komplett aus fossiler Energie erzeugt würde (wovon Deutschland ja zum Glück weit entfernt ist), würde eine solche Heizung darum zu 66 bis 80 Prozent erneuerbare Energien – nämlich der Umgebungswärme – nutzen. Beim tatsächlichen Ökostromanteil von etwa 50 Prozent, der bis 2030 auf 80 Prozent steigen soll, ist der Klimavorteil entsprechend noch sehr viel größer.

Die Befürchtung, dass es im Winter in Deutschland zu kalt ist, um relevante Mengen Energie aus der Umgebungsluft zu gewinnen, erweist sich in der Praxis als unbegründet: Im deutlich kälteren Norwegen, wo neue fossile Heizungen bereits seit 2020 verboten sind, werden schon heute über 60 Prozent der Wohnungen mit Wärmepumpen beheizt, ohne dass es zu Problemen kommt. Wärmepumpen funktionieren umso effizienter, je geringer die Temperatur ist, die im Haus benötigt wird. Gut gedämmte Häuser mit großen Heizflächen sind darum perfekt für Wärmepumpen geeignet. Im Neubau, wo ohnehin höhere Effizienzvorgaben eingehalten werden müssen und Fußbodenheizungen oder moderne, große Heizkörper verbaut werden können, sind sie darum schon jetzt die am häufigsten genutzte Heiztechnik. Hier dürfte das neue Gesetz darum kaum Probleme bereiten.

Bestandssanierung – schwierig, aber nicht unmöglich

Bei Bestandsgebäuden ist die Sache nicht ganz so einfach – aber auch keineswegs so schwierig, wie es bisweilen erscheint. Denn es stimmt zwar, dass Wärmepumpen besonders effektiv in gut gedämmten Häusern mit Fußbodenheizung funktionieren. Aber das heißt eben nicht, dass sie nur dort funktionieren. Für heutige Wärmepumpen ist ein mittlerer energetischer Standard völlig ausreichend, um wirtschaftlich betrieben zu werden; bei Altbauten sind darum oft nur einzelne, wenig aufwendige Anpassungen wie ein Austausch der Fenster oder der Heizkörper nötig.[4] Bei schlecht gedämmten Gebäuden mit entsprechend großem Heizbedarf kann es notwendig sein, eine Wärmepumpe zunächst mit einer Gasheizung zu kombinieren, die bei besonders kalten Temperaturen zugeschaltet wird.

Was auf jeden Fall klargestellt gehört: Die teils hysterischen Warnungen, dass auch bestehende Gas- und Ölheizungen kurzfristig ausgetauscht werden müssen, treffen nicht zu. Denn das Verbot gilt nur, wenn ohnehin eine neue Heizung gebraucht wird – also beim Neubau oder wenn die alte Heizung defekt ist. Bestehende Heizungen müssen – wie auch jetzt schon – erst ersetzt werden, wenn sie mehr als 30 Jahre alt sind. Ausgenommen von der Austauschpflicht waren bisher moderne fossile Heizungen, sogenannte Niedertemperatur- oder Brennwertgeräte; der Gesetzentwurf, der Anfang März in die Ressortabstimmung gegeben wurde, sieht dagegen auch für diese einen verpflichtenden Austausch vor, allerdings mit einer verlängerten Frist von bis zu 38 Jahren. Und selbst wenn eine Heizung wirklich so lange halten sollte, dürfte ein Austausch dann in der Regel wirtschaftlich sein – erst recht, wenn man berücksichtigt, dass die Brennstoffkosten durch den CO2-Preis kontinuierlich steigen werden.

Tatsächlich problematisch kann sich der Einbau von Wärmepumpen dagegen in größeren Mehrfamilienhäusern gestalten. Selbst bei Neubauten fehlt es angesichts kleiner Gärten oder Hinterhöfe oft am Platz für die leistungsfähigen – und damit auch größeren und lauteren – Anlagen, die dort benötigt werden. Selbst wenn Bohrungen für Erdwärmenutzung möglich sind, reicht die Fläche in vielen Fällen nicht aus. Bei einer zentralen Heizung kann zudem die große Entfernung bis zu den Wohnungen Probleme verursachen. Und weil sich Geschosswohnungshäuser in Größe, Technik und Zustand sehr stark unterscheiden, gibt es weniger Standardlösungen als im Ein- und Zweifamilienhausbereich. Allerdings wird erwartet, dass sich das in den nächsten Jahren durch die steigende Nachfrage ändert. Forschungsvorhaben zeigen bereits gute Ergebnisse.[5]

Fernwärme, Hybrid und Biomasse als Alternativen

Zusätzlich erschwert ist die Lage bei Eigentümergemeinschaften mit Zentralheizung, denn dort ist die Einigung der vielen Eigentümer:innen auf eine gemeinsame Lösung erforderlich. Und noch komplizierter ist es, wenn jede Wohnung individuell mit einer Gasetagenheizung beheizt wird. Hier muss entweder auf eine Zentralheizung umgestellt werden, was mit größeren Baumaßnahmen im gesamten Haus einhergeht, oder jede Wohnung muss individuell umgerüstet werden, was ebenfalls technisch anspruchsvoll und mit höheren Kosten verbunden ist. Und auch wenn solche Probleme, die in der öffentlichen Debatte einen breiten Raum einnehmen, nur einen vergleichsweise geringen Anteil der Wohnungen betreffen – im Jahr 2019 wurden weniger als zehn Prozent mit Gasetagenheizungen beheizt –, offenbart sich hier die eigentlich große Herausforderung beim Umstieg auf nachhaltiges Heizen.[6]

Dafür allerdings bietet der Gesetzgeber weitere Lösungen, die nun endlich in den Ländern, Städten, Kommunen und Gemeinden auf den Weg gebracht werden müssten: Denn Wärmepumpen sind keineswegs als einzige Lösung vorgesehen.[7] Vielmehr ist auch der Anschluss an ein Fernwärmenetz als gleichwertige Alternative zulässig. Gerade in dicht bebauten Städten, wo Wärmepumpen tatsächlich schwierig einzubauen wären, sind Fernwärmenetze bereits oft vorhanden; in vielen Kommunen wird zudem mit einer Ausweitung gerechnet. Und wo dies noch nicht der Fall ist, sollte das alsbald auf die politische Agenda gesetzt werden, denn sofern ein Anschluss absehbar ist, soll es eine zusätzliche Übergangsfrist von zehn Jahren für den Betrieb fossiler Heizungen geben.

In Bestandbauten sind neben einem Umstieg auf Fernwärme zudem weitere Möglichkeiten vorgesehen: Neben einer Hybridheizung, die eine Wärmepumpe mit einem Gaskessel kombiniert, ist es auch erlaubt, zumindest 65 Prozent mit Biomasse (also Holz, Pellets oder Hackschnitzel), Biogas (das aus Pflanzen erzeugt wird) oder synthetischem Gas (das mittels Ökostrom erzeugt wird) zu heizen. Allerdings ist synthetisches Gas in der Herstellung sehr energieaufwendig und bisher praktisch nicht verfügbar; Biomasse und Biogas sind verfügbar, aber die Ökobilanz ist umstritten, und die Menge, die insgesamt zur Verfügung steht, ist begrenzt – und nur wenig steigerungsfähig. Diese Optionen dürften darum absehbar teuer werden und empfehlen sich darum nur, wenn wirklich keine andere Lösung funktioniert.

Die im Gesetz ebenfalls genannte Option, mit Wasserstoff zu heizen, dürfte in der Praxis hingegen keine Rolle spielen. Denn auch wenn viele Hersteller ihre Gaskessel derzeit als „Wasserstoff-ready“ bezeichnen, erlauben diese in Wahrheit nur eine Wasserstoffbeimischung von allenfalls 20 Prozent, was allerdings die gesetzliche Vorgabe gar nicht erfüllen würde. Zudem sind die bestehenden Gasleitungen für reinen Wasserstoff nicht geeignet – was aber manche Politiker:innen und Wissenschaftler:innen nicht daran hindert, unter dem Label der „Technologieoffenheit“ auch für diese Lösung zu werben.

Handwerkermangel und hohe Kosten als Herausforderung

Doch auch wenn die Umrüstung auf eine klimafreundliche Heizung rein technisch in den meisten Fällen kein Problem ist, gibt es mehrere andere Hinderungsgründe. Zum einen die Kosten: Eine Wärmepumpe kostet inklusive Installation meist doppelt so viel wie eine vergleichbare Gasheizung. Der staatliche Zuschuss beim Umstieg in Höhe von 25 bis 40 Prozent der Kosten verringert die realen Mehrkosten zwar deutlich, aber nicht in Gänze. Um auch Haus- und Wohnungsbesitzer:innen mit geringem Einkommen – etwa Rentner:innen, deren Altersbezüge zwar für die laufenden Kosten ihrer Immobilie, aber nicht für größere Investitionen ausreichen – einen Umstieg zu ermöglichen, hat Wirtschaftsminister Robert Habeck eine zusätzliche finanzielle Unterstützung für diese Gruppe angekündigt. Die Details sind noch unklar, dürften aber für die Akzeptanz des geplanten Gesetzes eine wichtige Rolle spielen.

Entscheidend für den Kostenvergleich über die gesamte Nutzungszeit ist zudem das Verhältnis von Strom- und Gaspreis. Wärmepumpen sind im Betrieb sparsamer, solange eine Kilowattstunde Strom nicht mehr als dreimal so viel kostet wie eine Kilowattstunde Gas. Dass der Gaspreis im Rahmen der aktuellen Energiepreisbremsen sehr viel stärker staatlich subventioniert wird als der Strompreis, ist deshalb nicht hilfreich, da dies den Betrieb von Wärmepumpen weniger attraktiv macht. Sofern sich das Verhältnis nicht von allein wieder verändert – schließlich wird Gas durch den steigenden CO2-Preis perspektivisch teurer und Strom durch den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien eher billiger –, muss der Staat durch eine Neujustierung von Steuern und Abgaben eingreifen.

Ein weiteres reales Problem beim Umstieg ist der Mangel an Handwerkern. Zwar ändert sich die Gesamtzahl der jährlich neu zu installierenden Heizungen durch den Umstieg auf Wärmepumpen nicht; doch weil die Installation derzeit etwa doppelt so lange dauert wie bei einer Gasheizung, sind hier trotzdem zumindest vorübergehend Engpässe zu erwarten, bis die Prozesse weiter standardisiert wurden und weiteres Personal qualifiziert worden ist. Bei der Herstellung der Wärmepumpen selbst ist dagegen absehbar, dass sich die derzeit oft langen Lieferzeiten durch die massive Ausweitung der Produktionskapazitäten in den nächsten Monaten verringern werden.

Doch obwohl die technischen und finanziellen Probleme durchaus lösbar erscheinen, ist unklar, ob die hiesigen politischen Widerstände gegen den dringend erforderlichen Umstieg auf klimaneutrale Heizungen ausgeräumt werden können.

Während die liberalen Parteien sich in vielen anderen europäischen Ländern an die Spitze des Modernisierungsprozesses stellen, der für Industrie und Verbraucher gleichermaßen große Chancen bietet, präsentiert sich die FDP in Deutschland – wie schon beim Verbrennungsmotor – als Hüterin des Status quo. Statt an praktikablen Lösungen für die vergleichsweise wenigen Fälle zu suchen, bei denen der Umstieg derzeit tatsächlich noch schwierig ist, setzt sie offenbar auf die Stimmen derjenigen, die Veränderungen in Gänze ablehnen, selbst wenn deren Vorteile offensichtlich sind. Bleibt zu hoffen, dass der Partei noch rechtzeitig auffällt, dass diese Blockadestrategie nicht nur dem Klima schadet, sondern auch ihr selbst.

[1] Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“, S. 70, www.spd.de.

[2] Ergebnis des Koalitionsausschusses, Maßnahmenpaket des Bundes zum Umgang mit den hohen Energiekosten, www.bmwk.de, 23.3.2022, S. 3 f.

[3] Hintergrundpapier zur Gebäudestrategie Klimaneutralität 2045. Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, www.bmwk.de, 2022.

[4] Vgl. Marek Miara, Wärmepumpen im Bestand, eine Serie in zwölf Folgen, www.blog.innovation4e.de, 10.2.2021.

[5] Vgl. Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme, Presseinformation: Projekt „LowEx im Bestand“ entwickelt und demonstriert Wärmeversorgung für Mehrfamiliengebäude im Bestand, www.ise.fraunhofer.de, 7.3.2023.

[6] BDEW-Studie zum Heizungsmarkt: Wie heizt Deutschland 2019?, www.bdew.de, Oktober 2019.

[7] Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), www.bmwk.de.

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