Ausgabe April 2001

Genom global

Gleich zweimal wurde in den vergangenen Monaten auf internationaler Bühne die "Entschlüsselung" des menschlichen Genoms als historisches Ereignis inszeniert: im Juni 2000 (Fertigstellung der "Arbeitsversion") und im Februar 2001 (Veröffentlichung der Genomdaten). Wohl kein wissenschaftliches Ereignis hat nach der Mondlandung 1969, mit der das Humangenomprojekt (HGP) vielfach verglichen wird, eine solche globale öffentliche und mediale Aufmerksamkeit gefunden - und ist zugleich mit so gemischten Gefühlen ob der gesellschaftlichen Chancen und Risiken aufgenommen worden. Gebannt folgte die Weltöffentlichkeit der "Landung auf dem Planeten Genom" (so eine Schlagzeile in der "Süddeutschen Zeitung"), die als Wettlauf dargestellt wird zwischen "den Guten", dem öffentlichen HGP, und "dem Feind" Craig Venter und seiner Firma Celera Genomics. Jedoch unterschlägt diese Lesart, dass auch das HGP selbst trotz der beträchtlichen internationalen Kooperation - von vielschichtigen Konkurrenzbeziehungen vorangetrieben und geprägt wird. Wesentliche Ursache hierfür ist ein grundlegender Wandel im Verhältnis zwischen Wissenschaft, Industrie und Politik, der das HGP als erstes Großforschungsprojekt der Biologie begleitet.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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