Die Nationalitätenkonflikte in Südeuropa
Ende Dezember vergangenen Jahres gab der amtierende griechische Außenminister Antonis Samaras, wohl unter dem Eindruck des Machtwechsels in Rumänien, in einer öffentlichen Erklärung der Hoffnung Ausdruck, seine Landsleute in Albanien möchten schon bald auf die gleiche Weise "Weihnachten feiern" wie heute die Rumänen. Und ein griechischer Bischof verlieh dieser Erwartung Mitte Januar mit einer unverhüllten Invasionsdrohung Nachdruck.
Nun wird solcher Kraftmeierei in Griechenland nicht allzu viel Bedeutung beigemessen. Sie ist gleichwohl geeignet, beim Nachbarn Ängste zu wecken. Nationalitäten- und Minderheitenfragen sind gerade auf dem Balkan stets von einiger Sprengkraft gewesen. Die ethnographische Landkarte Südosteuropas ist bunt wie ein Flickenteppich und oft mit der politischen durchaus nicht kongruent, blutige Nationalitätenkämpfe haben deshalb die politischen Schicksale der Balkanländer mitbestimmt seit der Auflösung des Osmanischen Reiches und der Donaumonarchie. Fast ein halbes Jahrhundert lang hat man den südosteuropäischen Nationalitätenfragen, sieht man ab von dem schon länger schwärenden serbisch-albanischen Konflikt in der autonomen jugoslawischen Provinz K o s o v o, wenig Beachtung geschenkt.