Ausgabe Januar 1994

Die Würde des Menschen ist unantastbar

Der Verfasser grüßt mit diesem Beitrag Pastor Dr. Dieter Frielinghaus, den Präsidenten der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde zu seinem 65. Geburtstag. W.K.

Viele in den neuen Bundesländern fühlen sich als Menschen zweiter Klasse, politisch, wirtschaftlich, sozial und kulturell ausgegrenzt - so heißt es unter Hinweis auf die radikalen Eingriffe in Industrie und Landwirtschaft, Massenarbeitslosigkeit, Mietsteigerungen, umstrittene Eigentumsrechte und Schließung sozialer, wissenschaftlicher und kultureller Einrichtungen bis hin zur Neufassung des Paragr. 218. Als Demütigung und Verletzung ihres Selbstwertgefühls empfinden diese Menschen vor allem, daß sie sich unter die Anklage gestellt sehen, vierzig Jahre lang einem "Unrechtsstaat", ja, einem "verbrecherischen System" gedient zu haben, dessen bittere Folgen sie sich jetzt selbst zuzuschreiben hätten. Ich vermag als Westdeutscher nicht zu beurteilen, wieweit diese Stimmung unter den Ostdeutschen verbreitet ist.

Aber wenn ich bedenke, daß wir in den letzten Jahren Tag für Tag mit einer Flut von Enthüllungen überschwemmt wurden, in denen uns Fehler, Schandtaten und Verbrechen der Ex-DDR drastisch vor Augen geführt wurden, dann kann ich die Verbitterung der Betroffenen verstehen.

Sie haben etwa 16% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 84% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Chile: Leere Versprechen für die Indigenen?

von Malte Seiwerth

Am 1. Juni hielt der chilenische Präsident Gabriel Boric zum letzten Mal seine jährliche Rede vor den beiden Parlamentskammern des südamerikanischen Landes, eine Tradition, die seit 1833 gepflegt wird. Nach dreieinhalb Jahren im Amt wirkte seine Rede bereits wie ein Abschied.

Kanada als Vorbild: Fünf Punkte für nachhaltige Migration

von Naika Foroutan, Harald Bauder, Ratna Omidvar

Angetrieben von der AfD, die die jüngsten Anschläge durch Asylbewerber nutzt, um immer weitere Verschärfungen in der Migrationspolitik zu fordern, schlittert die Bundesrepublik gegenwärtig in eine aktionistische Abschottungspolitik, die jegliche Expertise aus Wirtschaft und Wissenschaft ignoriert. Seit Jahren wird dadurch hierzulande verhindert, dass dringend notwendige Weichen in der Migrationspolitik neu gestellt werden.