In Italien zeigt sich stets früher als anderswo die enorme Distanz zwischen Bevölkerung und politischer Elite. Das große Misstrauen entstand schon Anfang der 1990er Jahre, als Christdemokraten und Sozialisten über ausgedehnte Korruptionsskandale zerbrachen. Trotzdem weckt die Politik zuweilen noch immer große Leidenschaften. „Italien ist ein antipolitisches Land, das überpolitisiert geblieben ist“, bringt der Historiker und Politologe Giovanni Orsina die Lage auf den Punkt.
Das demonstrierte auch das Verfassungsreferendum vom 4. Dezember 2016. Bei einer unerwartet hohen Beteiligung von über 60 Prozent sagten knapp 60 Prozent „Nein“ zur Verkleinerung des Senats – und straften so auch gezielt Premierminister Matteo Renzi ab. Dieser hatte nicht nur für die Entmachtung der bisher gleichberechtigten zweiten Kammer geworben, sondern auch sein eigenes politisches Schicksal an die Zustimmung geknüpft.
Dass nach Renzis Rücktritt kein größeres politisches Chaos ausbrach, verdankt sich allein Staatspräsident Sergio Mattarella. Er setzte den bisherigen Außenminister Paolo Gentiloni als Renzi-Nachfolger ein und sorgte so für etwas Beruhigung in einer wirtschaftlich unruhigen Zeit: Derzeit stehen mehrere italienische Banken stark unter Druck, weil sie auf ausfallgefährdeten Krediten in dreistelliger Milliardenhöhe sitzen.