1989 und die politische Kultur der Runden Tische
Während sich dieser Tage bereits die großen Jubiläumsdaten des Jahres 1989 ankündigen, werden die für das „annus mirabilis“ in Osteuropa mitentscheidenden Runden Tische allenfalls am Rande erwähnt. Diese Verdrängung der jüngeren Vergangenheit liegt auch am Erfolg von Populismus und Fundamentalismus speziell in Ungarn und Polen, die in eine gänzlich andere Richtung deuten: nämlich in Richtung Autoritarismus und einer Wiederbelebung der Politik mit alten und neuen Feindbildern. Für die Runden Tische vor 30 Jahren waren dagegen Lernprozesse kennzeichnend, die politische Feindbilder wie auch Schlüsselwörter der nationalistischen Sprache gerade in Zweifel zogen. Auf diese Weise entstanden neue Ansätze für eine kommunikative Infrastruktur. Zudem gingen von diesen Gesprächen entscheidende Anstöße für die spontanen Mobilisierungen aus, die sich während der gewaltlosen Revolutionen im Herbst 1989 in einer alternativen politischen Sprache ausdrückten.
Tatsächlich kamen die großen Umbrüche des Jahres 1989 nicht über Nacht. Vielmehr leiteten bereits die Runden Tische einen Kulturwandel ein, der für eine Übergangszeit erstaunliche Möglichkeiten einer Verbindung von sozialen Reformen und informeller Demokratie eröffnete.