Ausgabe August 2019

Der Preis der Abschottung

Die Fotos von Óscar Ramírez und seiner kleinen Tochter Valeria verfolgen und quälen uns. Beim Versuch, die USA zu erreichen, waren die beiden Migranten aus El Salvador im Rio Grande ertrunken. Die Bilder ihrer toten Körper haben in Amerika für Empörung und Wut gesorgt. Vor vier Jahren hatten die Aufnahmen des syrischen Kleinkindes Alan Kurdi, der tot an einem türkischen Strand angeschwemmt wurde, Europa auf ähnliche Weise geschockt und erschreckt.

Diese Tode sind jedoch weder Unfälle noch isolierte Ereignisse. Vielmehr resultieren sie aus einer Einwanderungspolitik auf beiden Seiten des Atlantiks, die Migranten „abschrecken“ will. Ein kleiner Junge, der tot am Strand liegt, ein Vater und seine Tochter, die mit dem Gesicht nach unten im Fluss treiben – genau so sieht Abschreckung aus.

Allein in diesem Jahr sind an der Grenze zwischen den USA und Mexiko mindestens 175 Menschen gestorben, darunter 13 Kinder. Über 2000 Menschen waren es in den vergangenen fünf Jahren. Die europäischen Zahlen sind noch alarmierender: Fast 600 Menschen ertranken in diesem Jahr bislang im Mittelmeer – und rund 35 000 seit 1993. Tausende mehr, vielleicht sogar Zehntausende mehr, sind still und leise umgekommen, ihre Tode wurden niemals registriert.

Sie haben etwa 20% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 80% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Der Preis der Freiheit: Politische Gefangene in Belarus

von Olga Bubich

Es war eine große Überraschung für weite Teile der internationalen Gemeinschaft: Am 21. Juni ließ das belarussische Regime 14 politische Gefangene frei. Unter ihnen befand sich Siarhei Tsikhanouski, der 2020 verhaftet wurde, um seine Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen zu verhindern.