Syrien und das Scheitern der EU-Menschenrechtspolitik
Nach dem von Donald Trump verkündeten Rückzug amerikanischer Truppen aus Syrien marschierten am 9. Oktober 2019 türkische und von ihnen kontrollierte islamistische Truppen in den Nordosten des Landes ein. Ihr Ziel: die Kurdenmiliz YPG vernichtend zu schlagen und der dortigen Autonomie ein Ende zu bereiten, wie sie es schon im Januar und Februar 2018 in der Region Afrin vorexerziert hatten.
Da die türkische Regierung ohne ein Mandat des UN-Sicherheitsrats in den Krieg gezogen ist, handelt es sich um einen eklatanten Bruch des Völkerrechts. Doch anfänglicher Empörung folgt bis heute praktisch nichts. Dieses Missverhältnis zwischen Empörung und Tatenlosigkeit legt bloß, dass die EU und speziell die Bundesrepublik regelrecht in Angststarre verfallen, sobald der türkische Präsident Erdoğan mit einer Öffnung der Flüchtlingsschleuse droht. Denn das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei macht die EU erpressbar, zumal seit August 2019 wieder 8000 bis zu 10 000 Flüchtlinge pro Monat aus der Türkei auf die griechischen Inseln durchgelassen werden.
Während also Putin, Erdoğan und Assad auf dem Boden Fakten schufen, trugen die Koalitionsparteien der Bundesregierung im Modus des Vorwahlkampfs ihre Zerstrittenheit zur Schau.