Ausgabe Februar 2022

Säbelrasseln in Sarajevo

30 Jahre Bosnienkrieg und die Wiederkehr des Ethnonationalismus

Festumzug anlässlich anlässlich des Jahrestages der Republika Srpska in Banja Luka (Bosnien-Herzegowina), 9. Januar 2021 (IMAGO / Pixsell)

Bild: Festumzug anlässlich anlässlich des Jahrestages der Republika Srpska in Banja Luka (Bosnien-Herzegowina), 9. Januar 2021 (IMAGO / Pixsell)

Jahrelang schien es ruhig in Bosnien-Herzegowina. Dieser trügerische Eindruck bestärkte die internationale Öffentlichkeit und Politik in ihrem gepflegten Desinteresse am westlichen Balkan im Allgemeinen und dem internationalen Protektorat Bosnien-Herzegowina im Besonderen. Das hat sich im Dezember 2021 schlagartig geändert. Seither forciert Milorad Dodik die Aufspaltung des fragilen Staatsgebildes. Dodik ist der führende politische Repräsentant der Republika Srpska (RS), die neben der bosnisch-kroatischen Föderation eine der beiden Entitäten der bosnischen Gesamtföderation mit insgesamt drei Präsidenten, drei Regierungen, drei Parlamenten und einem ausgeklügelten ethnischen Proporzsystem bildet. Nun will er seine serbische Teilrepublik von Bosnien-Herzegowina loslösen und dazu alsbald RS-weit eigene Gerichte, Steuergesetze und Streitkräfte einrichten. Dodik kokettiert zudem mit einem Anschluss an Serbien. Käme es zur Abspaltung der RS, würde dies das Daytoner Friedensabkommen von 1995 torpedieren. Es sieht vor, die territoriale Integrität des Landes zu wahren und Grenzveränderungen entlang ethnischer Linien zu sanktionieren.[1]

Dreißig Jahre nach Beginn des Krieges um Bosnien-Herzegowina im April 1992, der rund 100 000 Menschen das Leben kostete und zwei Millionen in die Flucht trieb, dominieren damit erneut die gleichen alten ideologischen Grundmuster die Agenda: Ethnisierung und Chauvinismus.

Februar 2022

Sie haben etwa 6% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 94% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (11.00€)
Druckausgabe kaufen (11.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Januar 2026

In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Ukraine: Zwischen Korruption und Diktatfrieden

von Yelizaveta Landenberger

Anfang Dezember herrschte rege Pendeldiplomatie, während die Bombardierung ukrainischer Städte und die russischen Vorstöße an der Front unvermindert weitergingen. Völlig unklar ist, ob der im November bekannt gewordene US-»Friedensplan« auch nur zu einem Waffenstillstand führen kann.

Die Wehrpflicht gleicher Bürger

von Sven Altenburger

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat in Deutschland eine intensive Debatte über die Notwendigkeit einer Wehrpflicht ausgelöst. Dabei werden die ideengeschichtlichen Grundlagen der Wehrpflicht von ihren Gegnern regelmäßig verkannt, nämlich Republikanismus und Egalitarismus.