Ausgabe August 1990

Vielvölkerrepublik

Deutschland in den United Colors of Benetton

Schwarz-rot-gold zum Sendeschluß, aber tagsüber strahlt und wandelt Deutschland in den "Vereinten Farben von Benetton". Eine solche Schlagzeile über "gemischt-rassischen" Paaren auf den Werbetafeln und in den Lifestyle-Magazinen ist vermutlich massenwirksamer als jedes rot-grüne Dezernat für Multikulturelle Angelegenheiten. Der italienische Textilmulti Benetton plakatiert seit einigen Jahren die Harmonie zwischen den Rassen und Kulturen - und steckt alle Welt unterschiedslos in die gleiche grüne Pullover-Uniform. 1989 kam dann der Benetton-Skandal: Eben noch von den Vereinten Nationen als Beitrag zur Anerkennung der Gleichheit in Verschiedenheit gelobt, wurde die Firmenwerbung jetzt von schwarzen und weißen Antirassisten skandalisiert. Zwei Motive, von der Pariser-Benetton-Agentur Eldorado konzipiert, (Weißer und schwarzer Mann mit Handschellen aneinandergekettet und Schwarze Amme stillt weißes Kind) wurden nach stürmischem Protest abgesetzt. Die Affäre hat dem geschäftlichen Erfolg Benettons keinen Abbruch getan (Reingewinn 1987: 200 Millionen DM).

1.

August 1990

Sie haben etwa 3% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 97% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Chile: Leere Versprechen für die Indigenen?

von Malte Seiwerth

Am 1. Juni hielt der chilenische Präsident Gabriel Boric zum letzten Mal seine jährliche Rede vor den beiden Parlamentskammern des südamerikanischen Landes, eine Tradition, die seit 1833 gepflegt wird. Nach dreieinhalb Jahren im Amt wirkte seine Rede bereits wie ein Abschied.

Kanada als Vorbild: Fünf Punkte für nachhaltige Migration

von Naika Foroutan, Harald Bauder, Ratna Omidvar

Angetrieben von der AfD, die die jüngsten Anschläge durch Asylbewerber nutzt, um immer weitere Verschärfungen in der Migrationspolitik zu fordern, schlittert die Bundesrepublik gegenwärtig in eine aktionistische Abschottungspolitik, die jegliche Expertise aus Wirtschaft und Wissenschaft ignoriert. Seit Jahren wird dadurch hierzulande verhindert, dass dringend notwendige Weichen in der Migrationspolitik neu gestellt werden.

Fünf Jahre Hanau: Nie wieder ein »Schon wieder«

von Sheila Mysorekar

An jedem Jahrestag erleben wir es aufs Neue: Politiker:innen treten ans Rednerpult mit ihrem inhaltsleeren „Nie wieder“, mit ihren salbungsvollen Sprüchen und ihrem aufgesetzten Mitgefühl. Obligatorische Jahrestage im Kalender, Beileidsreden geschrieben von der Assistenz, PR-Fotos abhaken, schnell zum nächsten Termin.