Französische Kräftekonstellationen am Ende der Ära Mitterrand
In Frankreich finden im Frühjahr 1995 Präsidentschaftswahlen statt. Die konservativen Parteien scheinen das Rennen bereits gemacht zu haben. Nur noch interne Streitigkeiten oder aber eine Zusammenballung der durchaus vielfältigen sozialen Proteste der vergangenen Monate können ihnen den Weg verlegen. Erstgenanntes scheint dabei wahrscheinlicher. Eigentlich hatten sich die Konservativen in Paris nach einem für sie ermüdenden Jahrzehnt Mitterrand für die beginnenden 90er Jahre eine klare Strategie zurechtgelegt: im Frühjahr 1993 sollten die demoralisierten Sozialisten bei den Parlamentswahlen weggefegt werden. Anschließend sollte der Neogaullist Edouard Balladur die Regierungsgeschäfte übernehmen. Einer der beiden großen alten Männer der Konservativen, Jacques Chirac, Gaullist wie Balladur, oder der Rechtsliberale Giscard d'Estaing, sollte dann im leichten Trab und ohne sonderliche Anstrengungen die Präsidentschaft erobern.
Der erste Teil des Plans funktionierte gut: bei den Parlamentswahlen im März 1993 gewannen die beiden konservativen Parteien RPR und UDF, vom herrschenden Mehrheitswahlrecht begünstigt, mit 484 Sitzen fünf Sechstel der Abgeordnetensitze und eine erdrückende Mehrheit im Pariser Matignon. Der parlamentarischen Linken aus Sozialisten und Kommunisten blieb im Verbund mit dem linksliberalen Mouvement des Radicaux de Gauche (MRG) gerade einmal 93 Sitze.