Ausgabe Dezember 2014

Neoliberalismus im Feldversuch

Nach dem Ende des Kalten Krieges glaubten und hofften viele, nun werde sich ganz Europa den Kernländern des Westens angleichen. In der Wissenschaft boomten Transformationsstudien. Dass die hochentwickelten Länder mit dem nahenden Ende des Fordismus, sprich: der arbeitsintensiven Massenproduktion von Waren, alsbald selbst in eine schwere Krise gerieten, übersah man geflissentlich. Denn längst gab es eine ganz andere, wesentlich radikalere ökonomische Theorie: Mit Hilfe des Neoliberalismus konnte man alle sozialistischen Träume und Vorstellungen, die es 1989 noch gab, verdrängen. Doch als in den 1990er Jahren der Neoliberalismus in Osteuropa tobte, diesen bis dahin weitgehend homogenen sozialen Raum zerstörte und zerklüftete Landschaften schuf – mit Villenvororten und Slums, mit neuen vielspurigen Autobahnen und alten Straßen mit Pferdefuhrwerken –, da war dieser „neue“ Ansatz schon ziemlich alt. Denker wie Friedrich von Hayek (1899-1992), die sich logenartig in der 1947 gegründeten Mont Pelerin Society versammelten, nannten ihre theoretischen Ansätze „neo“, um den Liberalismus nach dem erneuten Scheitern in der Zeit zwischen den Weltkriegen neu zu beleben.

Sie haben etwa 13% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 87% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema