Der kurze Frühling des Eurokommunismus
Am 29. Juni 1976 kommentierte im frühen Abendprogramm der ARD der ebenso wortgewaltige wie erzkonservative Matthias Walden: Der „kommunistische Hochalpinismus“ habe nun endlich seine Gipfelkonferenz bekommen, in Ostberlin. Ein Gipfelsturm sei es nicht gewesen, der da endlich in dünner Luft zum Ziel geführt habe. Eher ein mühsames Klettern und Kraxeln, ein Kriechen über Geröll und ein durchaus nicht schwindelfreies Balancieren bei den Gratwanderungen. Auch habe es sich als schwierig erwiesen, alle ideologischen Bergsteiger zu einer Seilschaft zusammenzufügen, so dass die Konferenz immer wieder vertagt worden sei und der Anstieg Dutzende Male unterbrochen wurde. Und warum das alles? Weil Breschnew den „Imperialismus seines roten Zarentums“ festschreiben wollte; um „Gefolgschaft möglichst aller Kommunistenführer dieser Welt“ ginge es ihm – 29 an der Zahl, ausnahmslos alle aus Europa; allein die albanischen Kommunisten fehlten bei der Tagung.
SFB-Chefkommentator Matthias Walden, der eigentlich Eugen Wilhelm Otto Baron von Saß hieß und bald zum Mitherausgeber der Springer-Zeitung „Die Welt“ aufsteigen sollte, zeigte sich in seinem Element, war aber auch genervt und gelangweilt. Breschnew könne froh sein, sein Gesicht gewahrt und wenigstens eine Konferenz zustande gebracht zu haben.