Als die Europäische Zentralbank am 5. Juni erneut ihren Leitzins senkte, und zwar von 0,25 auf minimalistische 0,15 Prozent, da war dies Ausdruck von zweierlei – von Mut, aber auch Verzweiflung. So richtig und notwendig diese Zinssenkung ist, um die unternehmerische Nachfrage zu beleben: Man sollte sich keine Illusionen machen, dass die Banken bereits diesen geldpolitischen Impuls durch verbilligte Kredite direkt an die Unternehmenswirtschaft weitergeben werden. Im Gegenteil: Da die Zinssenkung schon erwartet wurde, war sie von den Finanzmärkten bereits eingepreist worden. Hier handelt es sich also primär um Symbolpolitik, mit der die EZB ihren anhaltenden Willen zur Politik des billigen Geldes bekräftigt.
Als historisch kann hingegen eine andere Maßnahme bezeichnet werden, die Draghi ebenfalls verkündete: Künftig müssen die Banken für sehr kurzfristige Einlagen bei der Euro-Notenbank einen Strafzins von 0,1 Prozent bezahlen. Die Konsequenz: Geld, das über Nacht auf dem Konto bei der Notenbank landet, ist bei der Auszahlung am nächsten Morgen weniger wert. Künftig wird das Horten von Geld bei der Zentralbank durch die Geschäftsbanken also bestraft.
Diese Maßnahme ist ein beispielloses Novum. Erstmals in der Geschichte der Geldpolitik schreibt die Bank der Banken damit einen Minuszinssatz vor.