
Bild: Suhrkamp Verlag
Nach dem Ende des Kalten Krieges glaubten und hofften viele, nun werde sich ganz Europa den Kernländern des Westens angleichen. In der Wissenschaft boomten Transformationsstudien. Dass die hochentwickelten Länder mit dem nahenden Ende des Fordismus, sprich: der arbeitsintensiven Massenproduktion von Waren, alsbald selbst in eine schwere Krise gerieten, übersah man geflissentlich. Denn längst gab es eine ganz andere, wesentlich radikalere ökonomische Theorie: Mit Hilfe des Neoliberalismus konnte man alle sozialistischen Träume und Vorstellungen, die es 1989 noch gab, verdrängen. Doch als in den 1990er Jahren der Neoliberalismus in Osteuropa tobte, diesen bis dahin weitgehend homogenen sozialen Raum zerstörte und zerklüftete Landschaften schuf – mit Villenvororten und Slums, mit neuen vielspurigen Autobahnen und alten Straßen mit Pferdefuhrwerken –, da war dieser „neue“ Ansatz schon ziemlich alt. Denker wie Friedrich von Hayek (1899-1992), die sich logenartig in der 1947 gegründeten Mont Pelerin Society versammelten, nannten ihre theoretischen Ansätze „neo“, um den Liberalismus nach dem erneuten Scheitern in der Zeit zwischen den Weltkriegen neu zu beleben.