
Bild: Ein Mitglied einer kosovarischen Spezialeinheit vor einem brennenden Auto in Zvečan. Zuvor gab es Ausschreitungen, 26.5.2023 (IMAGO / Pixsell / Stringer)
Viele westliche Beobachter verstehen derzeit kaum, was denn nun schon wieder am Westbalkan los ist: Noch im Februar einigten sich Serbien und der Kosovo auf einen Weg zur allmählichen Annäherung, im März folgte dann im mazedonischen Ohrid der nächste Schritt mit konkreten Abmachungen zwischen Belgrad und Pristina. Unterzeichnet haben die beiden Seiten die Vereinbarung zwar nicht, sie verpflichteten sich aber dennoch zu ihrer Umsetzung. Das verkündete zumindest der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, nach dem Treffen. Wenige Wochen später war jedoch von dem vermeintlichen Durchbruch nichts mehr zu spüren, stattdessen kam es zu einem Gewaltausbruch mit schwerverletzten KFOR-Soldaten und Hasstiraden. Beide Seiten entfernen sich nun rasend schnell wieder voneinander.
Tatsächlich liegen seit dem Sommer 2022 zwischen Serbien und dem Kosovo die Nerven blank. Man stolperte von einer Krise in die nächste und bezichtigte sich gegenseitig der Eskalation. Je besorgniserregender die Lage wurde, desto stärker drängten die USA und die EU auf eine Deeskalation. In Washington und den europäischen Hauptstädten konzentrierte man sich Ende des Jahres 2022 und zu Beginn des Jahres 2023 darauf, beide Seiten an den Verhandlungstisch zu bringen, um einen großen Wurf zu versuchen – eine langfristige Entschärfung des Konflikts durch eine pragmatische Lösung, mit der sowohl Belgrad als auch Pristina leben können.