Entwurf des Präsidiums des Europäischen Konvents zur Zukunft Europas vom 24. April 2003 (Auszüge)
Die von Giscard d’Estaing am 23. April d. J. überraschend dem EU-Konventspräsidium vorgetragenen – teilweise zuvor undiskutierten – Vorschläge zur institutionellen Reform der Europäischen Union (vgl. den Kommentar von Karlheinz Koppe in diesem Heft) lösten heftige Debatten aus. Tags darauf einigte sich das Konventspräsidium auf eine abgeschwächte Vorlage, über die der Konvent am 15. und 16. Mai beriet. (Zur Arbeit des Konvents vgl. Janna Wolff und Olaf Leiße im Märzheft der "Blätter", zur Diskussion um die Zukunft der Europäischen Union vgl. Fritz W. Scharpf im Januarheft, dort auch den Vorentwurf des Konvents einer Europäischen Verfassung.) Demnach soll dem Präsidenten weder ein gewählter Stellvertreter und noch ein siebenköpfiges Präsidium zur Seite gestellt werden – wie es Giscards Vorschlag vorsah –, eine auf 15 Mitglieder verkleinerte Kommission soll weiterhin dem Parlament und nicht dem Europäischen Rat verantwortlich sein. Doch auch die Präsidiumsvorschläge sind nicht unumstritten. Insbesondere die Idee, einen auf zweieinhalb Jahre gewählten hauptamtlichen Präsidenten des Europäischen Rates zu berufen (anstelle der derzeitig alle sechs Monate unter den Mitgliedern wechselnden Präsidentschaft), stößt bei den kleineren EU- und Beitrittsstaaten auf Ablehnung.
Das Präsidium schlägt dem Konvent vor, in Bezug auf die Vertretung im Europäischen Parlament, die Definition der qualifizierten Mehrheit und die Zusammensetzung der Kommission über die Bestimmungen des Vertrages von Nizza hinauszugehen. Vorgesehen ist dabei, dass "die neue Definition der qualifizierten Mehrheit erst dann gelten [solle], wenn auch die neuen Bestimmungen über das Europäische Parlament und die Kommission zur Anwendung gelangen. Für den Übergangszeitraum könnten in die Verfassung Übergangsbestimmungen aufgenommen werden, die die Bestimmungen des Vertrags von Nizza übernehmen". Wir dokumentieren die Artikel für Titel IV des Teils I der Verfassung. – D. Red.
Artikel 14: Die Organe der Union
(1) Die Union verfügt über einen einheitlichen institutionellen Rahmen, mit dem angestrebt wird,
– die Ziele der Union zu verfolgen,
– ihren Werten Geltung zu verschaffen,
– den Interessen der Union, ihrer Bürger und ihrer Mitgliedstaaten zu dienen und die Kohärenz, die Wirksamkeit und die Kontinuität der Politiken und Maßnahmen sicher zustellen, die die Union zur Erreichung ihrer Ziele durchführt.
(2) Zu diesem institutionellen Rahmen gehören
das Europäische Parlament,
der Europäische Rat,
der Ministerrat,
die Europäische Kommission,
der Gerichtshof der Europäischen Union,
die Europäische Zentralbank und
der Rechnungshof.
(3) Jedes Organ handelt nach Maßgabe der ihm in dieser Verfassung zugewiesenen Befugnisse nach den Verfahren und unter den Bedingungen, die in der Verfassung festgelegt sind. Die Organe arbeiten loyal zusammen.1
Artikel 15: Das Europäische Parlament
(1) Das Europäische Parlament wird gemeinsam mit dem Rat als Gesetzgeber tätig und nimmt Aufgaben der politischen Kontrolle und Beratungsaufgaben nach Maßgabe der Verfassung wahr. Es wählt den Präsidenten der Europäischen Kommission.
(2) Das Europäische Parlament wird von den europäischen Bürgern für eine Amtszeit von fünf Jahren im Rahmen allgemeiner, freier und geheimer Wahlen direkt gewählt. Die Anzahl seiner Mitglieder darf 700 nicht überschreiten. Die europäischen Bürger sind im Parlament degressiv proportional vertreten, wobei eine Mindestanzahl von vier Mitgliedern des Europäischen Parlaments je Mitgliedstaat gilt.
(3) Das Europäische Parlament wählt aus seiner Mitte seinen Präsidenten und sein Präsidium für einen Zeitraum von fünf Jahren.
Artikel 16: Der Europäische Rat
(1) Der Europäische Rat gibt der Union die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt ihre Zielvorstellungen und ihre allgemeinen politischen Prioritäten fest.
(2) Der Europäische Rat besteht aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten sowie den Präsidenten des Europäischen Rates und der Kommission. Der Minister für auswärtige Angelegenheiten nimmt an den Beratungen teil.
(3) Der Europäische Rat tritt im vierteljährlichen Abstand zusammen; er wird von seinem Präsidenten einberufen. Wenn es die Tagesordnung erfordert, können die Mitglieder des Rates beschließen, sich von einem Minister oder – im Fall des Präsidenten der Kommission – von einem Mitglied der Kommission unterstützen zu lassen. Wenn es die Lage erfordert, beruft der Präsident eine außerordentliche Tagung des Europäischen Rates ein.
(4) Soweit in der Verfassung nichts anderes festgelegt ist, entscheidet der Europäische Rat einvernehmlich.
Artikel 16a: Der Vorsitz des Europäischen Rates
(1) Der Präsident des Europäischen Rates wird vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit für einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren gewählt; er kann einmal wieder gewählt werden. Er muss Mitglied des Europäischen Rates sein oder ihm mindestens zwei Jahre lang angehört haben. Im Falle schwerwiegender Hinderungsgründe kann der Europäische Rat ihn im Wege des gleichen Verfahrens von seinem Amt entbinden. Der Präsident des Europäischen Rates nimmt auf seiner Ebene die Außenvertretung der Union in Angelegenheiten der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik wahr.
(2) Der Präsident des Europäischen Rates führt den Vorsitz und leitet die Beratungen des Europäischen Rates, für deren Vorbereitung und Kontinuität er sorgt. Er wirkt darauf hin, dass Zusammenhalt und Konsens im Europäischen Rat gefördert werden. Er legt dem Europäischen Parlament im Anschluss an jede Tagung des Europäischen Rates einen Bericht vor.
(3) Der Europäische Rat kann durch Konsens beschließen, aus seinen Reihen ein Präsidium zu bestimmen, das aus drei nach einem ausgewogenen turnusgemäßen Wechsel ausgewählten Mitgliedern besteht.
(4) Der Präsident und der Vizepräsident des Europäischen Rates dürfen nicht einem anderen europäischen Organ angehören oder ein einzelstaatliches Amt innehaben.
Artikel 17: Der Ministerrat
(1) Der Ministerrat wird gemeinsam mit dem Europäischen Parlament als Gesetzgeber tätig und nimmt die Aufgaben der Politikfestlegung und Koordinierungsaufgaben nach Maßgabe der Verfassung wahr.
(2) Der Ministerrat besteht aus je einem von jedem Mitgliedstaat auf Ministerebene ernannten Vertreter für jede seiner Zusammensetzungen. Dieser Vertreter ist als Einziger befugt, für den Mitgliedstaat, den er vertritt, verbindlich zu handeln und das Stimmrecht auszuüben.
(3) Soweit in der Verfassung nichts anderes bestimmt ist, beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit.
Artikel 17a: Die Zusammensetzungen des Rates
(1) Der Rat "Allgemeine Angelegenheiten" gewährleistet die Kohärenz der Arbeiten des Ministerrates. Er bereitet unter Beteiligung der Kommission die Tagungen des Europäischen Rates vor.
(2) Der Gesetzgebungsrat berät und beschließt gemeinsam mit dem Europäischen Parlament gemäß den Bestimmungen der Verfassung über die europäischen Gesetze und die europäischen Rahmengesetze. Entsprechend der Tagesordnung kann der Vertreter jedes Landes auf Ministerebene von einem oder gegebenenfalls zwei Fachvertretern auf Ministerebene unterstützt werden.
(3) Der Rat "Auswärtige Angelegenheiten" formuliert die Außenpolitik der Union gemäß den strategischen Vorgaben des Europäischen Rates und gewährleistet die Kohärenz ihres Handelns. Den Vorsitz führt der Minister für auswärtige Angelegenheiten der Union.
(4) Der Rat tritt außerdem in der Zusammensetzung des Rates "Wirtschaft und Finanzen" und des Rates "Justiz und Sicherheit" zusammen.
(5) Der Rat kann in der Zusammensetzung "Allgemeine Angelegenheiten" beschließen, dass der Rat in anderen Zusammensetzungen zusammentritt.
(6) Der Europäische Rat kann durch Konsens beschließen, dass der Vorsitz in einer Zusammensetzung des Ministerrates mit Ausnahme der Zusammensetzung "Allgemeine Angelegenheiten" für die Dauer von mindestens einem Jahr von einem Mitgliedstaat wahrgenommen wird, wobei das politische und geographische Gleichgewicht in Europa und die Verschiedenheit aller Mitgliedstaaten zu berücksichtigen sind.
Artikel 17b: Die qualifizierte Mehrheit
(1) Beschließt der Europäische Rat bzw. der Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit, so muss diese der Mehrheit der Mitgliedstaaten entsprechen und mindestens drei Fünftel der Bevölkerung der Union repräsentieren.
(2) Der Präsident des Europäischen Rates und der Präsident der Kommission nehmen an den Abstimmungen im Europäischen Rat nicht teil.
Artikel 18: Die Europäische Kommission
(1) Die Europäische Kommission wahrt die allgemeinen europäischen Interessen. Sie trägt für die Anwendung der Bestimmungen der Verfassung sowie der von den Organen kraft der Verfassung angenommenen Bestimmungen Sorge. Sie nimmt außerdem Koordinierungs-, Durchführungs- und Verwaltungsaufgaben nach Maßgabe der von der Verfassung festgelegten Bestimmungen wahr.
(2) Soweit in der Verfassung nichts anderes bestimmt ist, kann ein Rechtsakt der Union nur auf Vorschlag der Kommission angenommen werden.
(3) Die Kommission besteht aus einem Präsidenten und höchstens vierzehn weiteren Mitgliedern. Ihnen können delegierte Mitglieder der Kommission zur Seite gestellt werden.
(4) Die Kommission übt ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit aus. Die Mitglieder der Kommission dürfen bei der Erfüllung ihrer Pflichten Anweisungen von einer Regierung oder einer anderen Stelle weder anfordern noch entgegennehmen.
Artikel 18a: Der Präsident der Europäischen Kommission
(1) Der Europäische Rat schlägt dem Europäischen Parlament unter Berücksichtigung der Wahlen zum Europäischen Parlament mit qualifizierter Mehrheit einen Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Kommission vor. Das Parlament wählt diesen Kandidaten mit der Mehrheit seiner Mitglieder. Erhält dieser Kandidat nicht die Mehrheit, schlägt der Europäische Rat dem Europäischen Parlament innerhalb eines Monats einen neuen Kandidaten vor, wobei dasselbe Verfahren wie zuvor zur Anwendung gelangt.
(2) Jeder Mitgliedstaat erstellt eine Liste von drei Personen, darunter mindestens eine Frau, die er für geeignet erachtet, das Amt eines Mitglieds der Europäischen Kommission auszuüben. Aus dem Kreis dieser Personen benennt der gewählte Präsident unter Berücksichtigung des politischen und geographischen Gleichgewichts in Europa bis zu dreizehn Persönlichkeiten, die aufgrund ihrer Kompetenz und ihres Engagements für Europa ausgewählt werden und die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten, als Mitglieder der Kommission. Der Präsident und die als Mitglieder der Kommission benannten Persönlichkeiten stellen sich als Kollegium dem Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments.
(3) Die Kommission ist als Kollegium dem Europäischen Parlament verantwortlich. Dieses kann gemäß den Bestimmungen des Artikels X der Verfassung ein Misstrauensvotum gegen die Kommission annehmen. Wird ein solches Misstrauensvotum angenommen, so müssen die Mitglieder der Kommission geschlossen ihr Amt niederlegen. Sie führen die laufenden Geschäfte bis zur Ernennung ihrer Nachfolger weiter.
(4) Der Präsident der Kommission bestimmt die Leitlinien, nach denen die Kommission ihre Aufgaben ausübt. Er beschließt über ihre interne Organisation, um die Kohärenz, die Wirksamkeit und das Kollegialitätsprinzip im Rahmen ihrer Tätigkeit sicherzustellen. Er ernennt die stellvertretenden Präsidenten aus dem Kreis der Mitglieder der Kommission.
(5) Der Präsident kann delegierte Mitglieder der Kommission ernennen, bei deren Auswahl dieselben Kriterien wie bei den Mitgliedern der Kommission zugrundegelegt werden. Ihre Anzahl darf die Anzahl der Mitglieder der Kommission nicht übersteigen.
Artikel 19: Der Minister für auswärtige Angelegenheiten
(1) Der Europäische Rat ernennt mit qualifizierter Mehrheit mit Zustimmung des Präsidenten der Kommission den Minister für auswärtige Angelegenheiten der Union. Dieser leitet die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union.
(2) Der Minister für auswärtige Angelegenheiten trägt durch seine Vorschläge zur Festlegung der gemeinsamen Außenpolitik bei und führt sie im Auftrag des Rates durch. Er handelt ebenso im Bereich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
(3) Der Minister für auswärtige Angelegenheiten ist einer der stellvertretenden Präsidenten der Europäischen Kommission. Er ist mit den Außenbeziehungen und der Koordinierung der anderen Aspekte des außenpolitischen Handelns der Union betraut. Bei der Wahrnehmung dieser Zuständigkeiten in der Kommission und ausschließlich im Hinblick auf diese Zuständigkeiten unterliegt er den Verfahren, die für die Arbeitsweise der Kommission gelten.
Artikel 20: Der Gerichtshof der Europäischen Union
(1) Der Gerichtshof und das Gericht der Europäischen Union sichern die Wahrung der Verfassung und des Rechts der Union.
Die Mitgliedstaaten schaffen die erforderlichen Rechtsbehelfe, damit ein wirksamer Rechtsschutz auf dem Gebiet des Unionsrechts gewährleistet ist.
(2) Der Gerichtshof besteht aus einem Richter je Mitgliedstaat und wird von Generalanwälten unterstützt. Das Gericht besteht aus mindestens einem Richter je Mitgliedstaat; die Zahl der Richter wird in der Satzung des Gerichtshofs festgelegt. Zu Richtern des Gerichtshofs und des Gerichts sowie Generalanwälten des Gerichtshofs sind Personen auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und die in Artikel [XX] des Teils II verlangten Voraussetzungen erfüllen; sie werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt2. Die Wiederernennung ausscheidender Mitglieder ist zulässig.
(3) Der Gerichtshof entscheidet
– über Klagen der Kommission, eines Mitgliedstaats, eines Organs oder juristischer oder natürlicher Personen in den Fällen und nach den Modalitäten, die in Artikel [YY] des Teils II vorgesehen sind;
– im Wege der Vorabentscheidung auf Antrag der einzelstaatlichen Gerichte über die Auslegung des Unionsrechts oder über die Gültigkeit der von den Organen erlassenen Rechtsakte;
– über Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Gerichts oder überprüft in Ausnahmefällen diese Entscheidungen nach Maßgabe der Bedingungen, die in der Satzung des Gerichtshofs vorgesehen sind.
Artikel 21: Die Europäische Zentralbank
(1) Die Europäische Zentralbank steht dem System der Europäischen Zentralbanken vor, dem sie zusammen mit den nationalen Zentralbanken angehört.
(2) Vorrangiges Ziel der Bank ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten. Unbeschadet des Zieles der Preisstabilität unterstützt die Bank die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union, um zur Verwirklichung der Ziele der Union beizutragen.
(3) Die Bank gestaltet und verwirklicht die Währungspolitik der Union. Sie hat das ausschließliche Recht, die Ausgabe des Euro, der Währung der Union, zu genehmigen. Sie erfüllt alle weiteren Aufgaben einer Zentralbank gemäß den Bestimmungen von Teil II der Verfassung.
(4) Die Bank besitzt Rechtspersönlichkeit. Sie ist in der Ausübung ihrer Befugnisse und ihren Finanzen unabhängig. Die Organe und Einrichtungen der Union sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten verpflichten sich, diesen Grundsatz zu achten.
(5) Die Bank trifft die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Maßnahmen gemäß den Artikeln [A-B] des Teils II der Verfassung und den in der Satzung der Bank und des Systems der Europäischen Zentralbanken festgelegten Bedingungen. Gemäß den genannten Bestimmungen behalten die Mitgliedstaaten, die den Euro nicht eingeführt haben, sowie deren Zentralbanken ihre Zuständigkeiten im Währungsbereich.
(6) Die Bank wird in ihrem Zuständigkeitsbereich zu allen Vorschlägen für Rechtsakte der Union sowie zu allen Entwürfen für Rechtsvorschriften auf einzelstaatlicher Ebene gehört und kann Stellungnahmen abgeben.
(7) Die Organe der Bank, ihre Zusammensetzung und die Modalitäten ihrer Arbeitsweise sind in den Artikeln X bis Y des Teils II sowie in der Satzung der Bank festgelegt.
Artikel 22: Der Rechnungshof
(1) Der Rechnungshof nimmt die Rechnungsprüfung wahr.
(2) Er prüft die Rechnung über alle Einnahmen und Ausgaben der Union und überzeugt sich von der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung
.
(3) Der Rechnungshof besteht aus einem Staatsangehörigen je Mitgliedstaat. Seine Mitglieder üben ihre Aufgaben in voller Unabhängigkeit aus.
Artikel 23: Die beratenden Einrichtungen der Union
(1) Das Europäische Parlament, der Ministerrat und die Kommission werden von einem Ausschuss der Regionen sowie einem Wirtschafts- und Sozialausschuss mit beratender Aufgabe unterstützt.
(2) Der Ausschuss der Regionen setzt sich aus Vertretern der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zusammen, die entweder ein Mandat in einer regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft innehaben oder gegenüber einer gewählten Versammlung politisch verantwortlich sind.
(3) Der Wirtschafts- und Sozialausschuss besteht aus Vertretern der Organisationen der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und weiterer Akteure der repräsentativen Zivilgesellschaft, wobei die Schwerpunkte in den Bereichen Wirtschaft und Soziales, staatsbürgerliches Engagement, Beruf und Kultur liegen.
(4) Die Mitglieder des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses sind an keine Weisungen gebunden. Sie üben ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit zum allgemeinen Wohl der Union aus.
(5) Die Bestimmungen über die Zusammensetzung dieser Ausschüsse, die Ernennung ihrer Mitglieder, ihre Befugnisse und ihre Arbeitsweise sind in den Artikeln XY des Teils II der Verfassung festgelegt. Die Bestimmungen über die Zusammensetzung werden in regelmäßigen Abständen vom Rat auf Vorschlag der Kommission überprüft, um der wirtschaftlichen, sozialen und demografischen Entwicklung in der Union Rechnung zu tragen.
Möglicher Artikel X, der in den Titel VI über das demokratische Leben aufgenommen werden könnte
(1) Der Kongress der Völker Europas ist das Gremium für gemeinsame Reflexionen über das politische Leben in Europa. Er tritt mindestens einmal jährlich zusammen. Seine Tagungen sind öffentlich. Der Präsident des Europäischen Parlaments beruft die Tagungen ein und führt in ihnen den Vorsitz.
(2) Der Kongress greift nicht in das Gesetzgebungsverfahren der Union ein.
(3) Der Präsident des Europäischen Rates erstattet Bericht über die Lage der Union. Der Präsident der Kommission legt das jährliche Gesetzgebungsprogramm vor.
(4) Der Kongress setzt sich zu einem Drittel aus Mitgliedern des Europäischen Parlaments und zu zwei Dritteln aus Vertretern der nationalen Parlamente zusammen. Er hat höchstens 700 Mitglieder.