
Ausgabe Oktober 2003

Chronik des Zeitgeschehens
Kommentare
Notnagel UNO
Für den Präsidenten war es nie eine Frage. Der Angriff auf den Irak war Teil seines globalen Krieges gegen den Terror. Dort in Bagdad saß ein Regime, dem George W. Bush Verbindungen zum Terror-Netzwerk Al Qaida unterstellte, auch wenn er dies nie belegen konnte. Alle Warnungen vor den Folgen eines Krieges hat die US-Regierung nicht nur ignoriert.
Die fremdbestimmte Linke
Im Vorfeld des Wahlkampfes 19721 schickte sich das konservative Lager an, Sozialdemokraten und Kommunisten in einen Topf zu werfen und "Freiheit" gegen "Sozialismus" zu stellen. Die SPD hätte sich ängstlich ducken können, wie das später und bis heute häufig geschah.
Gewerkschaften in der Zerreißprobe
Streik in Ostdeutschland für die Angleichung der tariflichen Arbeitszeit an Westniveau – das war wohl keine wirklich gute Idee. Rückblick: Das Angebot eines Bündnisses für Arbeit seitens der Gewerkschaften verschaffte diesen 1995 und dann noch einmal 1998 nicht nur den nötigen Reputationsgewinn in der Öffentlichkeit.
Frankreich zwischen Reform und Protest
Zu den scheinbaren Paradoxien in Frankreich zählt, dass – auf Grund des Mehrheitswahlsystems und der Dominanz der Nationalversammlung gegenüber der zweiten Kammer, dem Senat – zumeist klare Mehrheitsverhältnisse herrschen, zugleich aber soziale Bewegungen und Konflikte eine wirksame Gegenmacht darstellen und die Regierung zu Kompromissen zwingen, ja ihre Projekte zum
Mogelpackung Galileo
Galileo soll Europa unabhängig von den Amerikanern machen – mit diesem Slogan wird bis heute für das Satellitennavigationssystem geworben. Gleichwohl ist der Traum inzwischen ausgeträumt. Galileo kann in Kriegs- und Krisenfällen genauso lokal abgeschaltet oder modifiziert werden, wie dies bereits beim amerikanischen global positioning system, kurz GPS, der Fall ist.
Nordkorea zu sechst
Nordkorea bleibt seinem Ruf als unberechenbarer Verhandlungspartner treu.
Übervater Kagame
Die Präsidentschaftswahlen in Ruanda vom 25. August – die ersten Wahlen im Land, neun Jahre nach dem Völkermord – waren als Schlusspunkt einer Übergangszeit gedacht, in der die Voraussetzungen für ein künftiges stabiles Ruanda geschaffen werden sollten.
Wallraff und die Stasi
Ich gehöre weder zu den literarischen oder politischen Fans noch zu den persönlichen Freunden Günter Wallraffs. Zu DKP-nahen Linken in der Bundesrepublik hatte ich stets sehr kritische Distanz, weil ihr Umgang zugleich Nähe zur SED bedeutete. Von den Repressalien im Mauerstaat wollten sie nichts wissen.
Hamburg plastiniert
Was sich in der großen weiten Welt so alles herumspricht. Am Tor zu ebenderselben, in Hamburg, gastierte kürzlich auf Kampnagel das Körper-Theater Payung Hitam aus dem javanischen Bandung. Es gab eine indonesische Adaption von Peter Handkes "Kaspar" – Kaspar Hauser, der sich mühsam artikulierend in die menschliche Sprache vortastet.
Analysen und Alternativen
Zehn Jahre Oslo oder Die Fiktion der Symmetrie
Blätter: Am vergangenen Wochenende geschahen gleich zwei Ereignisse von sehr großer Bedeutung: Zunächst der Rücktritt von Abbas und dann der gescheiterte Anschlag auf Scheich Jassin. Hass: Ich stimme nicht mit Ihnen überein, dass es sich um zwei gleich bedeutende Ereignisse handelt.
Europa braucht einen magnetischen Kern
Blätter: Im Streit um George W. Bushs Irakkrieg hat Europa die Stunde der Wahrheit geschlagen. Was nun? Zurück – oder vorwärts – zu "Kerneuropa"?
Nation Europa
Die Auseinandersetzung mit der Idee Europa folgt in jüngster Vergangenheit vor allem pragmatischen Erwägungen.
Lateinamerika ist noch nicht verloren
Lateinamerikas Wirtschaftsdaten, daran ist nicht zu rütteln, sind mager. Trotzdem kann man sie optimistisch interpretieren.
Staatszerfall und Privatisierung von Gewalt
Gespenstische Fernsehbilder von jugendlichen Rebellen und Kindersoldaten mit Ray-Ban-Sonnenbrillen und zerfetzten T-Shirts, die aufgeputscht von Drogen und dem Rausch der Macht an Straßensperren ihre automatischen Waffen zur Schau stellen, Berichte über Greueltaten an Zivilisten, Vertreibungen, Massenvergewaltigungen ...
Afghanistan: Gewaltwirtschaft und Warlords
Afghanistan gilt als eins der ärmsten Länder der Welt. Es verfügt weder über reiche Bodenschätze oder ausgedehnte Anbaugebiete noch ist das Humankapital des Landes bei einer Analphabetenrate von über 60% nennenswert.
Bürgerkriegsökonomien
In Liberia herrscht seit 1989 Bürgerkrieg. Massaker, andauernde Gefechte und das Leid der Bevölkerung sind keine neuen Erscheinungen. Neu ist in diesem Zusammenhang nur das internationale Medieninteresse.
Kolumbien: Regierung und Paramilitärs in Symbiose
Im öffentlichen Diskurs wird Kolumbien vor allem mit Drogenhandel assoziiert. Der über Jahre angehäufte Reichtum der Rauschgiftkartelle beläuft sich mittlerweile zwar auf rund 40% des Gesamtbesitzes im Land, das Drogengeschäft macht jedoch "lediglich" 6% des BIP aus; das ist wesentlich weniger als in Bolivien und Peru.
Bürgerkriegsökonomien
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion fanden zwischen 1989 und 1993 drei Bürgerkriege in Georgien statt: ein Machtkampf um die Kontrolle des Staates und zwei Sezessionskriege in Südossetien und Abchasien.
Thailand: Militär, Wald, und Widerstand
Nicht nur Öl und Diamanten, auch Waldressourcen können ein Streitobjekt bei Bürgerkriegen und gesellschaftlichen Konflikten bilden.
Das postkommunistische Paradox
Euphorisch feierten die polnischen Sozialdemokraten vom "Demokratischen Linksbund" (SLD) im September 2001 ihren bereits zweiten Wahlsieg in der kurzen Geschichte der Dritten Republik.
Interventionsimperialismus
Auf der Suche nach Erklärung der gegenwärtigen US-amerikanischen Strategie stieß ich auf einen alten Text, der mir schon vor dreißig Jahren das Verständnis des Vietnam-Krieges erleichtert hatte. Er ist von Noam Chomsky und stammt aus dem Jahr 1972. Dort ist folgende Passage angestrichen:
Medienkritik
Kinderspiele
Der erste Golfkrieg 1990 ging in die Mediengeschichte als gesichtsloser, bilderloser Kampf ein. Die damalige Koalition verhinderte jegliche Möglichkeit einer Imagination dieses Ereignisses und deshalb durften die Journalisten es nur als Video-Controlling automatischer Zielgeräte miterleben. Im Februar 2003, als George W.
Dokumente zum Zeitgeschehen
Annäherung durch Wandel
[...] Auch wenn der rechtliche Grundstein der Beziehungen zwischen der Türkei und der EU vor 40 Jahren gelegt wurde, gehen unsere nach Westen gerichteten Modernisierungsbemühungen weiter zurück. Diese Bemühungen wurden besonders mit den in der Spätzeit des Osmanischen Reiches eingeführten Reformen beschleunigt.
[...]
Resolution 1502 des UN-Sicherheitsrats zum Schutz von UN- und humanitärem Personal in militärischen Konflikten vom 26. August 2003 (Wortlaut)
Der Sicherheitsrat, mit dem erneuten Hinweis auf seine Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit und in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit, die Achtung vor den Grundsätzen und Regeln des humanitären Völkerrechts zu fördern und zu gewährleisten, in Bekräftigung seiner Resolutionen 1296 (2000) vom 19.
Resolution 1497 des UN-Sicherheitsrats zur Schaffung einer multinationalen Liberia-Truppe vom 1. August 2003 (Auszug)
Der Sicherheitsrat, [...] tätig werdend nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen, 1. ermächtigt die Mitgliedstaaten, eine Multinationale Truppe in Liberia einzurichten, mit dem Auftrag, die Durchführung der am 17.
Der Sicherheitsrat,
[...]
tätig werdend nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen,
Legitimierung und Legalisierung von Folter
Liebe Frau Casale,
Ein 'Zentrum gegen Vertreibungen' würde der kritischen Aufarbeitung der Vergangenheit nicht nutzen
Kaum eines Themas wurde in der Geschichte der Bundesrepublik so umfassend erinnert und gedacht wie der Flucht und Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. In fast jeder deutschen Stadt steht ein Gedenkstein, fast überall erinnern lokale Mahnmale an diesen Teil der deutschen Geschichte.